Ungekürztes aus Innsbruck

 

Il matrimonio segreto von Domenico Cimarosa ist ein melodramma giocoso in zwei Akten nach einem Libretto von Giovanni Bertati, das am 7. Februar 1792 unter der Leitung des Komponisten im k.k. Theater nächst der Burg (Burgtheater) in Wien uraufgeführt wurde. Obwohl Cimarosas bekannteste Oper relativ selten auf der heutigen Bühne und Tonträger zu finden ist (wenngleich doch einige ältere, wenngleich gekürzte  Aufnahmen wie z. B. die von der DG, Decca oder die alte verdienstvolle RAI-Einspieling in Erinneriung bleiben), seine Zeitgenossen, unter anderen Kaiser Leopold II., jedoch so begeistertwaren, dass das ganze Stück am Abend der zweiten Aufführung wiederholt werden musste.

Die vorliegende Aufnahme (CPO 555 295-2), ein Live-Mitschnitt von der Innsbrucker Festwochen den Alten Musik (August 2016), bietet, insofern ich weiß, die einzige ungekürzte Fassung der Oper.  Alessandro De Marchi dirigiert das Orchester der Academia Montis Regalis auf historischen Instrumenten mit Präzision, Scharfsinnigkeit und Detailgenauigkeit sowie emotionale Ausdruck in eine durchaus fesselnde und überzeugende Einspielung. Das Publikum ist meistens nur zwischen den musikalischen Nummern hörbar: ihr Applaus sowie Gelächter vermitteln den Eindruck einer echten Theateraufführung.

Il matrimonio segreto enthält keine Chöre, die Oper besteht aus Arien und Ensembles. Die hervorragende Sängerbesetzung umfasst Renato Girolami (Conte Robinson), Donato Di Stefano (Geronimo), Loriana Castellano (Fidalma), Klara Ek (Elisetta), Giulia Semenzato (Carolina) und Jesús Álvarez (Paolino). Da etwa 80 Prozent von ihnen Muttersprachler sind, merkt man, dass sie verstehen was sie singen und den komplexen Text idiomatisch ausdrücken können.

Semenzato und Álvarez wirken sympathisch als ein junges Liebespaar, das heimlich geheiratet hat; Girolami verkörpert einen lustigen Grafen der sein Versprechen, Elisetta zu heiraten erfüllt, obwohl er Carolina eigentlich liebt; Castellano schildert mitfühlend die Enttäuschung von einer reichen Witwe, die in Liebe zu Paolino entbrannt ist, ohne ihr Wissen, dass er bereits mit Carolina verheiratet ist; Ek porträtiert eine eifersüchtige, wütende ältere Schwester, die möglicherweise um eine Ehe mit einem adligen Mann betrogen werden könnte; Di Stefano gibt das Gefühl von einen liebevollen, aber verwirrten Vater, der das Beste für seine beiden Töchter will.

Diese Aufnahme gehört zu der Sammlung von jeden Kenner und Liebhaber der Wiener Klassik, nicht nur weil es eine Lücke in unserer Auffassung dem musikalischen Zeitgeist in Wien während der 1790er Jahre füllt, sondern als auch eine große Vergnügung. Die Präsentation von CPO ist insgesamt gut, ein Beiheft mit vollständigem Libretto in italienischer, deutscher und englischer Sprachen ist dabei. Leider gibt es weder Seitenzahlen für einzelne Titel noch Kommentar auf Italienisch, der Sprache des Werkes.

Es wäre eine große Freude, mehr von Maestro De Marchi und seiner Academia zu hören. Wünschenswert wären Aufnahmen von Nicolò Jomellis Armida abbandonata, was Mozart und sein Vater im Teatro die San Carlo in Neapel am 30. Mai 1770 erlebt haben, sowie Martin y Solers Una cosa rara und Giovanni Paisiellos Il Barbiere di Siviglia. Daniel Floyd

Domenico Cimarosa: Il matrimonio segreto, mit Renato Girolami, Donato Di Stefano, Loriana Castellano, Klara Ek, Giulia Semenzato, Jesús Álvarez, Academia Montis Regalis, Alessandro De Marchi; CPO 3 CD 555 295-2