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Hätte er doch lieber auf die Einwände seiner Gattin gegenüber dem Libretto für seine letzte Oper Die Eifersüchtigen gehört, der Schweizer Komponist Joachim Raff hätte vielleicht die erfolgreiche Uraufführung seiner letzten Oper noch erleben und dieselbe eine lange Bühnenlaufbahn durchschreiten können. So aber erleidet man als Hörer, was zwar auf vier umfangreichen Spalten Text im Booklet mit wenig Handlung und vorwiegend Erzählungen, Meinungsäußerungen, Spekulationen, Pläneschmieden und Beklagen des eigenen und fremder Schicksale, mit Rückblicken und Spekulationen über die Zukunft fast den gesamten Raum der Inhaltsangabe einnimmt, aber fast jeglicher Handlung, geschweige denn Spannung auf das Kommende entbehrt. Lediglich ein kurzer Gefängnisaufenthalt für den Tenor bringt etwas Abwechslung in die Langatmigkeit. Es geht um zwei Hohe Paare samt altem Onkel und ein Dienerpaar, die erst falsch, d.h. mit dem vom Hausherrn gewählten Partner, vermählt werden sollen, um am Schluss doch den Richtigen in die Arme schließen zu dürfen. Die Musik dazu will das Booklet im italienischen Belcanto und in den Mozart-Opern auf Da-Ponte-Libretti verorten, man könnte sie aber auch in der Nähe von Lortzing, eher biedermeierlich als romantisch, ansiedeln, die Musik für das Dienerpaar unterscheidet sich von der für die Adligen, für den Tenor gibt es genau in der Mitte des Werks eine schöne Arie, deren Melodie mehrfach unverändert wiederholt wird, eine Besonderheit, die das Booklet als die Absicht des Komponisten deutet, die Unbeirrbarkeit der Gefühle des Helden zu verdeutlichen.
Obwohl Raff zu seinen Lebzeiten ein vielgespielter, mit berühmten Komponisten in engem Kontakt stehender Komponist war, wurden seine Opern, die bekannteste Dame Kobold nach Calderon de la Barca, und seine zahlreichen Orchesterwerke nach seinem Tode nicht mehr gespielt und Die Eifersüchtigen erlebten so durch das Opernkollektiv Zürich erst im September 2021 zum zweihundertsten Geburtstag des Komponisten bei Zürich ihre Uraufführung, die beiden CDs entstanden ein Jahr später.
Interessant ist über weite Strecken hinweg die Instrumentierung, die für die Arien manchmal mehr erwarten lässt, als der überwiegende Parlandostil schließlich einhalten kann. Geschickt konstruiert sind die Finali, die mit mancher Länger innerhalb der Akte wieder versöhnen und mit Dialogen à la „Da bist du ja“, „Da bin ich nun.“ Dirigent Joonas Pitkänen und das Orchestra of Europe bemühen sich mit Erfolg um Zügigkeit und Elan.
Viel Freude bereiten die jungen Stimmen, so der schöne lyrische Tenor von Benjamin Popson als Don Claudio, der durch Klarheit und Empfindsamkeit besticht. Balduin Schneeberger als Don Giulio gibt seinen vermeidlichen Rivalen mit feinem Kavaliersbariton für sein Arioso. Etwas derber, aber auch noch präsenter ist Matthias Bein, der die Handlungsfänden in der Hand haltende Diener Peppino mit eines Leporello würdiger vokaler Präsenz. Als Spielbass stellt sich polternd, aber textverständlich und Temperament ins Geschehen bringend der Don Geronimo von Martin Roth dar. Zart und zierlich und in der Höhe aufblühend gibt Serafina Giannoni die Donna Rosa, während Raisa Ierone als Donna Bianca mehr Mezzofarbe vertragen könnte, Mirjam Fässler als Ninetta da schon reicher und vollmundiger klingt. Insgesamt ein zwar spätes, aber verdientes und Respekt verdienendes Geburtstagsgeschenk (Naxos 8.660561-62). Ingrid Wanja