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Auf zwei CDs veröffentlicht APARTE die Pastorale héroique Acis et Galatée von Jean-Baptiste Lully, die 1686 uraufgeführt wurde (AP269). Sie ist die letzte vollendete Oper des Komponisten und markiert seine Abkehr vom Genre der tragédie en musique, das ihn über eine Dekade beschäftigt hatte. Das Werk entstand als private Auftragsarbeit des Duc de Vendome, Louis-Joseph de Bourbon, und kam im Chateau d’Anet an der Loire zur Premiere. Einen Monat später wurde es auch an der Pariser Opéra gezeigt. Die Pastorale auf ein Libretto von Jean Galbert de Campistron umfasst einen Prologue und drei (anstatt der üblichen fünf) Akte. Der für Lully neue Librettist (denn sein vertrauter Mitarbeiter Quinault hatte sich 1686 nach der Armide zurückgezogen) fügte in die bekannte Handlung von Ovid mit Scylla und Telème ein zweites Liebespaar ein. Beide Figuren finden sich zwar auch bei Ovid, doch nicht als Liebende.
Die Musik hat pastoralen Charme und lässt bei den Szenen der Hirten im 1. Akt an Bouchers Rokoko-Idylle denken. Galatées vermeintlich zugewandte Haltung gegenüber Polyphème erklärt sich aus der Absicht, den Geliebten vor dem Zorn des Zyklopen zu schützen. Ihre Vertraute Scylla weist dagegen Telèmes Gefühle zurück, so dass dieser schließlich von ihr ablässt. Im 2. Akt hält Polyphème um Galatées Hand an, doch sie bittet um Aufschub, um die Erlaubnis ihres Vaters Nérée einzuholen. Der 3. Akt kreist um den Tod von Acis, den der eifersüchtige Polyphème mit einem Felsbrocken erschlagen hat. Auf Galatées Bitten verwandelt Neptune Acis in einen Fluss, der ihm Unsterblichkeit verleiht und ihn auf immer mit der Seenymphe Galatée vereint.
Die Einspielung, die im Juli 2021 in Puteaux entstand, könnte keinen kompetenteren Anwalt haben als Christophe Rousset am Pult des Ensembles Les Talens Lyriques. Das farbenreiche, delikate Musizieren des Orachesters und die gezielt gesetzten Affekte durch den Dirigenten ergeben eine gediegene und dennoch kontrastreiche Interpretation. Der Choeurde chambre de Namur (Leitung: Thibaut Lenaerts) trägt mit munterem, swingendem Gesang zur Wirkung bei. Vor allem die Passacaille am Schluss, „Sous ses lois l’Amour veut qu’on jouisse“, führt er gemeinsam mit Deux Najades (Bénédicte Tauran/Deborah Cachet) zum feierlichen Ausklang.
Der im französischen Barockfach renommierte Tenor Cyril Auvity lässt als Acis ein weiches, schmeichelndes Timbre in der mittleren, nur gelegentlich gestresste Töne in der oberen Lage hören, doch ist seine Interpretation stilistisch als makellos zu werten. Die aufstrebende französische Sopranistin Ambroisine Bré schenkt der Galatée ein reiches Gefühlsspektrum und besticht mit makellosem Gesang. Berührend gestaltet sie die große Szene im letzten Akt, „Enfin j’ai dissipé la crainte“. Beide Stimmen verblenden sich perfekt, wie in „Quelle erreur loin de nous“ im 2. Akt zu hören ist. Edwin Crossley-Mercer als Polyphème singt mit Bass-Wohllaut und gestalterischer Reife.
Auch die Nebenrollen, darunter Bénédicte Tauran als Scylla, Robert Gretchell als Téléme, Philippe Estèphe als Neptune und Enguerrand de Hys als Pretre de Junon, sind ohne Tadel besetzt. Die Aufnahme reiht sich würdig ein in Roussets reichen Katalog von Werken des französischern Barock. Bernd Hoppe