Münchner Hunne

 

Verdis Duette zwischen Bariton und Bass, seien es Macbeth und Banco, Filippo und Carlo oder Fiesco und Simone, gehören zu den schönsten Musikstücken überhaupt, doch Voraussetzung dafür, dass sie ihre Wirkung voll entfalten können, ist ein gut hörbarer Unterschied zwischen beiden Stimmen, darf der Bariton nicht zu dunkel, muss der Bass gewichtig und schwarz sein. Für die konzertante Aufführung von Verdis Attila 2019 im Münchner Prinzregententheater hatte man für die Titelpartie und den römischen Feldherrn Ezio zwar zwei vorzügliche Sänger engagiert, die aber leider als Gespann obige Anforderungen nicht erfüllten.

Ildebrando D’Arcangelo ist ein vorzüglicher Sänger mit einer Stimme von schöner Farbe und wie aus einem Guss, und er singt auch schon gewichtige Partien wie Filippo und Alvise, aber auch noch den Conte aus „Le Nozze di Figaro“ oder Rossini-Partien. Für den Attila spreizt er manchmal das Timbre ganz leicht, ist in der Höhe kraftvoll und gewinnt auch im Verlauf der Aufführung an Profondität, so für „Mentre gonfiarsi l’anima“, und für die anschließende Cabaletta hat er sich die Geschmeidigkeit der Stimme bewahrt. Berührend ist die Betroffenheit in „Non è sogno“ und voller Brio „O miei prodi“, aber im letzten Track hat man doch wieder den Eindruck, er dunkle die Stimme künstlich ein.  Insgesamt ist der seine ein sehr menschlicher, gefühlsbetonter Hunnenkönig, welche Eindruck durch die Geschmeidigkeit und Eleganz der Stimme betont wird.

Ihm gegenüber steht ein eher bärbeißiger, auf Dauerforte programmierter Ezio in Gestalt und mit Stimme von George Petean, ebenfalls ein schätzenswerter Sänger mit besonders guter Diktion und großzügiger Phrasierung, aber im Vergleich zu diesem Attila doch sehr dunkler Stimme, die manchmal etwas nach hinten rutscht, mit einer sehr guten Höhe und viel Drive für die Cabaletta „È gettata la mia sorte“. Sein Spitzenton ist eine Wucht und hätte selbst einen Cappuccilli beeindruckt, aber im Verhältnis zu diesem Attila ist die Stimme recht dunkel, außerdem wünscht man sich ein nobleres Timbre, ein eindrucksvolleres „universo“ in der berühmten, von Verdis Zeitgenossen als politisches Fanal gedeuteten Forderung nach der Selbstbestimmung für Rom.

Mit dem Aplomb einer wilden Hunnin stürzt sich Ludmilla Monastyrska in die Partie der edlen Römerin Odabella, muss keine Angst vor deren stimmgewaltigen Ausbrüchen haben, bei denen sie ab und zu auch Schärfen in den Höhen nicht scheut, ist aber gerade in den lyrischen Teilen ausgesprochen angenehm und weiß so in der sanften Cavatine aus dem Prolog zu begeistern, meistert die Intervallsprünge souverän und kann die Gefühle ihrer Partie  vermitteln.

Recht gequält beginnt der Foresto von Stefano La Colla und wird nie so richtig frei in der Stimmproduktion, als wenn er gegen einen Widerstand ansingen müsste, so in den angestrengt erscheinenden Höhen der Cabaletta im Prolog. Die Stimme klingt hart und neigt dazu die Töne anzuschleifen, seine zweite Arie hört sich  zu Beginn belegt  und dann zunehmend scharf an. Immerhin kann er mit einem schönen Brio für „Ella in poter del barbaro“ punkten.

Vorzüglich ist der Chor des Bayerischen Rundfunks, der im Prolog eine zauberische Stimmung erzeugt und erschauern lässt in „Ah, ho spirto de‘ monti“. Nicht minder souverän meistert das Orchester des Bayerischen Rundfunks unter Ivan Repušić seine Aufgabe, zeigt viel Sinn für einen fiebrigen Spannungsaufbau und echtes Verdi-Brio, das in diesem Frühwerk in berauschendem Ausmaß zu finden ist (BR media 900330). Ingrid Wanja       

 

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