Vom Festival ROSSINI in WILDBAD stammt die Aufzeichnung von Rossinis L’occasione fa il ladro, die NAXOS auf einer Blu-ray Disc herausgebracht hat (NBD0137V). Sie wurde im Juli 2017 im Königlichen Kurtheater des Ortes gefilmt. Festivalleiter Jochen Schönleber hat die Burletta per musica in bekannt albernem Zuschnitt inszeniert und auch die Bühne mit sparsamem Mobiliar entworfen. Ausgesprochen hässlich sind die Kostüme von Claudia Möbius in ihrem Fetzen-Look, der die Figuren nicht selten zu Vogelscheuchen macht.
Die Besetzung weist einige prominente Rossini-Interpreten auf, so den Tenor Kenneth Tarver als Conte Alberto, der in einem Gasthof auf Don Parmenione trifft, der nach Neapel reist, um seine unbekannte Braut kennen zu lernen. Verwechselte Koffer führen zu allerlei Turbulenzen. So reist Parmenione als der Conte nach Neapel, nachdem er das Porträt der schönen Berenice im Gepäck entdeckt hat. Diese wiederum tauscht mit ihrer Gesellschafterin Ernestina die Rollen, um ihren zukünftigen Ehemann auf die Probe zu stellen.
Antonino Fogliani leitet die Virtuosi Brunensis und sorgt schon in der Sinfonia für kantables Melos und lebhaftes Brio (welches man auch aus der Temporale des Barbiere kennt) hören. Lorenzo Regazzo als Don tönt reif, verfügt aber noch immer über die gebotene Eloquenz für Rossinis Geplapper. Sein Diener Martino ist mit dem Bariton Roberto Maietta jugendlich und gesanglich ansprechend besetzt. Beider Szene nach dem Koffertausch ist von munterer Agilität und Regazzo kann darüber hinaus in seiner Aria „Che sorte“ auftrumpfen. Später hat auch Martino ein beschwingtes Solo („Il mio padrone“), in welchem Maietta mit Wohlklang und stimmlicher Gewandtheit aufwartet.
Tarver lässt schon im Auftritt des Conte („Il tuo rigore insano“) eine unverminderte stimmliche Qualität hören. Auch in seiner späteren kantablen Aria „D’ogni più sacro impegno“ bietet er schwelgerischen Tenorklang und beachtliche acuti. Vera Talerko wartet in Berenices Auftrittskavatine „Vicino è il momento“ mit einem herben Sopran von greller Höhe auf. Die Mezzosopranistin Giada Frasconi ist Ernestina im Stubenmädchen-Outfit. Besonders scheußlich erscheint sie in der Verkleidung als ihre Herrin, kann aber in der Szene mit dem Don, der sich als der Conte ausgibt, mit hübscher Stimme punkten („Quel gentil“). In der Begegnung mit dem wahren Conte („Se non m’inganna il core“) rundet sich Talerkos Sopran. Zusammen mit Berenices Onkel Eusebio (der Tenor Patrick Kabongo) verbinden sich die beiden Paare zum sprudelnden Quintetto „Orsù, spiegatevi“, in welchem alle Protagonisten ihre Kompetenz in Sachen Rossini beweisen. Auch das Finale, wo nach Auflösung aller Verwicklungen eine Doppelhochzeit gefeiert werden kann, stellt ihnen das beste Zeugnis aus. Und Fogliani kann mit dem Orchester noch einmal musikalischen Wirbel aufbieten. Das Publikum folgt der Aufführung amüsiert und spendet am Ende reichen Beifall. Bernd Hoppe