„Der Frankfurter Ring“! Das ist einprägsam. Wer durch die einschlägigen Angebote blättert, dem sticht dieser Titel sofort ins Auge, zumal er sich in sehr großer gelber Schrift auf blauem Hintergrund gegen den eigentlichen Namen des Werkes abhebt, um das es hier geht: Der Ring des Nibelungen von Richard Wagner. Die Oper Frankfurt vermarktet die Mitschnitte von Aufführungen. Wie schon Hans Pfitzners hervorragend einstudierter Palestrina ist auch dieser Ring beim Label Oehms herausgekommen (OC 939). Die Ausstattung ist solide und übersichtlich, im Booklet gibt es sogar Szenenfotos aus der Inszenierung von Vera Nemirova , die allerdings nicht viel ausdrücken. Zumindest lassen sie erahnen, um welches Werk ist es sich handelt, was nicht immer so ist. Ein paar Informationen über die Sänger wären sehr hilfreich gewesen. Wer diesen oder jenen Namen nicht kennt, muss sich nach Informationen im Internet auf die Suche machen. Angesichts der Ring-Schwemme im Wagner-Jahr haben es die meisten Produktionen nicht eben leicht, zur Kenntnis genommen zu werden.
Ein Mitschnitt wie dieser verlängert die Wirkung ganz erheblich. Aus dem zeitlich begrenzten Ereignis wird etwas Bleibendes.
Lübeck und Weimar – um in Deutschland zu verweilen – sind ähnlich verfahren. Dort wurden die Ringe wie parallel auch in Frankfurt auf DVD festgehalten. Ob das nun nötig gewesen ist oder nicht. Hier gilt`s der Kunst, und die Opernhäuser haben ihren Ruf über ihre Stadtgrenzen hinein ins Land und darüber hinaus getragen. Sie geben auf solche Weise auch etwas zurück von den Subventionen, die sie empfangen. Steuerzahler mit Operninteressen hören und sehen etwas für ihr Geld über den Tag hinaus.
Es zahlt sich aus, dass fast alle Rollen, die sich über mehrere Teil erstrecken, auch durchgehend besetzt sind. Das garantiert Wiedererkennungswert und steigert die Aussagekraft des Werkes. So ist Jochen Schmeckenbecher, der bei Kurt Moll studiert hat, dreimal als Alberich zu hören. Dem Timbre nach ein idealer Alberich, gerät die Höhe gelegentlich angestrengt. Peter Marsh tritt nur im Siegfried als Mime auf und ist der Beweis, dass ein Charaktertenor auch lyrisch klingen kann. Mit Ausnahme von Susan Bullock, deren drei Bünnhilden unter Überforderung leiden, sind auch die Damen voll auf der Höhe ihrer Aufgaben. Eva-Maria Westbroek glänzt als leidenschaftliche Sieglinde. Besser geht es heutzutage nicht. Die Erda Meredith Arwady, die mit dieser Rolle auch an der Met auftritt, ist ein echter Kontraalt und nicht von ungefähr so erfolgreich.
Das Frankfurter Opern-und Museumsorchester mit dem starken, nicht selten gewollt ruppigen Blech macht seine Sache ausgezeichnet. Es ist Wagner-geübt, Sebastian Weigle ein souveräner und vorzüglicher Dirigent. In keinem Moment habe ich etwas vermisst. Die Musiker sind um Klarheit und Transparenz bemüht, weniger um Geheimnis und Mythos. Darin sehe ich kein Defizit, sondern das Konzept im Wagner-Jahr 2013. Vielleicht kann der Mitschnitt als Frankfurter Ring einen herausgehoben Platz in der sehr umfangreichen Diskographie dieses Ausnahmewerkes behaupten. Voraussetzungen sind gegeben.
Rüdiger Winter