Im Doppel

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Jean-Philippe Rameau komponierte sein Acte de ballet Pygmalion 1748, nur wenige Monate nach der Uraufführung seines heroischen Balletts Zais an der Académie royale de musique in Paris. Dort kam auch das neue Werk zur Premiere – mit dem Ziel, die Institution vor dem finanziellen Ruin zu retten. Es fand eine zurückhaltende Aufnahme, stand fast im Schatten der Komödie Le Carnaval et la Folie von André Cardinal Destouches (dessen Télémaque & Calypso auf diesen Seiten kürzlich vorgestellt wurde), welche mit Rameaus Komposition kombiniert wurde. Nach einer erfolgreichen Wiederaufnahme 1751 gewann das Stück an Beliebtheit. Im 20. Jahrhundert zählte es zu den am häufigsten aufgeführten Kompositionen Rameaus und weist auch eine lange Liste von Einspielungen auf (McGegan, Leonhardt, Christie, Niquet).

Die Neuaufnahme entstand im Oktober 2024 in Versailles mit dem Ensemble Il Caravaggio unter Leitung von Camille Delaforge und wurde – wie stets reich ausgestattet – auf einer CD veröffentlicht (CVS182). Das etwa 45 Minuten dauerte Werk wird dominiert von Mathias Vidal in der Titelrolle, dessen klagender Tenor die Nöte des Bildhauers, der sich in die von ihm geschaffene Statue verliebt hat, plastisch vermittelt. In seiner finalen Ariette „Règne Amour“ kann er aber auch virtuos auftrumpfen. Die französische Sopranistin Louise Bourgeat als Statue haucht dem anfangs stummen Geschöpf Leben ein, erwacht mit einem Bonmot in der französischen Oper: „Que vois-je? Où suis-je?“ Alles hat L´Amour bewirkt, den die französische Sopranistin Catherine Trottmann mit munterem Ton singt. Die Besetzung wird komplettiert von Laura Jarrell, die Pygmalions Gattin Céphise mit strengem Mezzo porträtiert.  Il Caravaggio erfreut besonders in den tänzerischen Episoden (Air, Menuett, Sarabande, Tambourin, Pantomime, Contredanse) mit lebhaftem Zugriff und Esprit.

Interessant ist die Kombination mit dem gleichnamigen Werk von Antoine Bailleux, das um 1760 entstand und der Gräfin von Persan gewidmet ist, die wahrscheinlich die Gesangsschülerin des Komponisten war. Der Untertitel (oder Genrebezeichnung) Cantatille dans le goût italien verweist auf den bravourösen Stil der beiden vorgestellten Airs. Vor allem das zweite, „Amour, quelle cruelle flamme“, ist eine wahre tour de force an Koloraturläufen, welche Catherine Trottmann mit Avec serviert und souverän bewältigt.

Schließlich findet sich noch ein Bonus von Jean-Baptiste Lully – das getragene Air de la Beauté „Si l´amour vous soumet“ aus Le mariage forcé, das die junge, sehr talentierte Sopranistin Apolline Rai-Westphal mit Geschmack und Kultur vorträgt (19. 06. 24). Bernd Hoppe