Hallo Hallo …

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„Hallo, hallo!“, fröhlich wie ein trommelnder Clown auf dem Rummelplatz kündigt der Lautsprecher, „den man nicht sieht, nur hört“, die Oper an, „Sie hören jetzt der Kaiser von Atlantis, eine Art Oper in vier Bildern. Es treten auf: Kaiser Overall von Atlantis in eigener Person, den man schon seit vielen Jahren nicht gesehen hat denn er ist ins einem Riesenpalast eingeschlossen, ganz allein, um besser regieren zu können…“. Mit praller Komödiantik springt Lars Woldt ins Geschehen und lässt die Worte wie Luftballons ins Prinzregentheater schweben, wo das Münchner Rundfunkorchester im Oktober 2021 die Kammeroper vom „Tod, der beschließt, von nun an niemand mehr sterben zu lassen“ aufführte (900339). Ein kleines, kurzes, überschaubar zu besetzendes Werk, mit dem viele Bühnen bei eingeschränkten Möglichkeiten den Anspruch an bedeutendes Musiktheater aufrechterhielten. Die 1943 im KZ Theresienstadt entstandene Kammeroper Der Kaiser von Atlantis des böhmischen Komponisten Viktor Ullmann ist ein bewegendes Zeugnis des künstlerischen, geistigen Widerstands gegen den Terror. Eine Aufführung im Lager wurde vorbereitet, fand aber nicht mehr statt. Im Oktober 1944 wurden Ullmann und sein Librettist, der Grafiker und Zeichner Peter Klein, nach Auschwitz deportiert und gleich nach ihrer Ankunft ermordet. Erst 1975 folgte die Uraufführung des Kaisers von Atlantis, der sich 1995 bzw. 1996 die Uraufführungen von Ullmanns vorausgegangenen Opern Der Sturz des Antichrist und Der zerbrochene Krug in Bielefeld bzw. bei den Dresdner Festspielen anschlossen. In München „inszenierte“ Patrick Hahn nun die Parabel mit einem perfekt ausgewählten Ensemble so zirkusleicht wendig, hintergründig, mit galliger Süße und lapidarer Düsternis, dass kein Wort und keine Nuance der wirkungsvoll aus Moritat und Songstil der 1920er Jahre, Lutherchoral, Chanson und Arie montierten Musik und des musikalisch-literarischen Beziehungsgeflechts verlorengeht. Manchmal ein wenig glatt, doch plastisch und bildkräftig. Suggestiv und gleichsam gespenstisch, wie Johannes Chum mit zartem Tenor das Mondlied des Harlekins als expressionistische Klanggeste ausleuchtet und mit Tareq Nazmis elegantem Tod auf dem Bänkchen über Mond, Wein und Tod räsoniert. Die Attitüde des Overall, die Adrian Eröd aufplustert, die freche, spritzige Süße von Juliana Zaras Bubikopf und die resolute, pathetisch ausschwingende Mezzokraft von Christel Loetzschs Trommler lassen die Aufnahme zu einem Erlebnis werden, das sich auch auf der CD überzeugender nachvollziehen lässt als zuletzt auf der Aufnahme unter Facundo Agudin mit dem Orchestre Musique des Lumières (BR Klassik 32018). Rolf Fath