Fürstliche Noten

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Die Historie verzeichnet einige gekrönte Häupter, die sich erfolgreich im Komponieren versuchten, so Ludwig XIII., Kaiser Leopold I. oder König Friedrich II. von Preußen. Das Label Chateau de Versailles, unermüdlich in der Aufarbeitung des Erbes der französischen Barockoper, widmet sich in seiner neuen Ausgabe einem Werk von Philippe d´Orléans, der Suite d´ Armide ou Jérusalem délivrée. Die Tragédie en musique in einem Prolog und fünf Akten, basierend auf Tassos Gerusalemme liberata, wurde wahrscheinlich 1704 im Schloss von Fontainebleau uraufgeführt und war als Fortsetzung von Lullys Armide und Campras Tancrède konzipiert. Die Handlung kreist um die in den Ritter Renaud verliebte Zauberin Armide, die ihn um jeden Preis in ihre Arme zu locken versucht. Prinzessin Herminie, die von Armide gefangen gehalten wird, ist Renauds Begleiter Tancrède zugetan, der jedoch zunächst seiner Clorinde treu bleibt und sich erst am Ende zu Herminie bekennt. Auch Renaud und Armide sind schließlich versöhnt und für immer vereint.

Ende Juni 2023 fand im Château de Versailles die Aufnahme des Werkes mit der Cappella Mediterranea unter Leonardo García-Alarcón statt, die CVS auf zwei CDs mit umfangreichem Booklet veröffentlicht hat (CVS125). Der argentinische Cembalist und Dirigent fächert die an Effekten und Harmonien reiche Musik faszinierend auf und leitet ein renommiertes Solistenensemble, das von Véronique Gens in der Titelrolle angeführt wird. Ihr Sopran ist nachgedunkelt, der Ton energisch und herrscherlich, der Ausdruck verschlagen und bedrohlich. Aber sie findet auch zu tragisch umflorten Momenten, die für ihren Konflikt stehen („Amour, funeste amour“ im 2. Akt). Auch Herminie ist mit Marie Lys prominent besetzt, ebenso der Renaud mit dem französischen Tenor Cyrille Dubois. Die französische Sopranistin weiß sogleich in Herminies erstem Monolog, „Malheureuse Herminie“, mit feiner Lyrik zu betören. Auch im 4. Akt wartet sie bei „Que Vattrin tarde à revenir“ mit bewegenden Tönen auf.

Klangvolle Stimmen lassen der Tenor Nicholas Scott als Adraste und der Bariton David Witczak als Tissapherne, zwei Verehrer Alcinas, hören. Tancrède ist der lyrische Bariton Victor Sicard aus Frankreich, der im 3. Akt in einer dramatischen Szene seiner Clorinde gedenkt, deren Stimme (Gwendoline Blondeel) visionär ertönt. Mit Armide hat er eine Schlussszene von großer Leidenschaft („Heureux, et trop heureux“).  Der Choeur de Chambre de Namur (Einstudierung: Thibaut Lenaerts) lässt als Armides Gefolge puren Wohllaut hören, so am Ende des 1. Aktes bei „Pour mieux servir la belle Armide“, weiß aber auch dramatisch aufzutrumpfen wie zu Beginn des 5. Aktes bei „Combattons, triomphons“, wo Christen und Sarazener konfrontiert sind.

Dreißig Jahre vor Rameau ist das Werk das bedeutende Zeugnis eines Komponisten von großer Kreativität und Phantasie (09. 09. 25). Bernd Hoppe

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Philippe von Frankreich, Duc d´Orleans/  Gemälde von Matthieu/Wikipedia

Philippe von Frankreich, Herzog von Orléans (* 21. September 1640 in Saint-Germain-en-Laye; † 9. Juni 1701 in Saint-Cloud), war Prinz von Frankreich und Navarra, Herzog von Anjou (1640–1668), Herzog von Orléans, Chartres und Valois sowie Pair von Frankreich (1660), Herzog von Nemours und Pair von Frankreich (1672), Herzog von Montpensier und Pair von Frankreich (1695), Dauphin der Auvergne und Fürst von Dombes (1693–1701), Herzog von Beaupréau und Châtellerault, Fürst von Joinville und La Roche-sur-Yon, Marquis von Mézières, Graf von Eu und Saint-Fargeau sowie Baron von Beaujolais. Bei Hofe wurde er allgemein Monsieur genannt, was der offizielle Titel des Bruders von König Ludwig XIV. war; seine Gemahlinnen wurden als Madame bezeichnet. Seine zweite Ehefrau war Liselotte von der Pfalz.