Schleicht spielende Wellen

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In seiner Collection Chateau de Versailles bringt das französische Label CHATEAU DE VERSAILLES Vivaldis Serenata La Senna Festeggiante heraus, die im Februar 2021 in der Opéra Royal de Versailles eingespielt wurde (CVS064). Mit Diego Fasolis steht ein Spezialist für den italienischen Barock am Pult des Orchestre de l’Opéra Royal, der die Musik in ihrem heiter-festlichen Charakter mit Verve und Esprit serviert. Die Serenata wird von einer dreisätzigen Sinfonia im klassischen Muster Allegro/Andante/Allegro eröffnet und der Dirigent kann schon hier Gespür für den Rhythmus und das Idiom der Musik einbringen. Gleiches gilt für die Sinfonia mit der Satzfolge Adagio/Presto/Allegro, welche die Deuxième Partie einleitet.

Der Uraufführungsort des Werkes ist nicht erwiesen, ganz sicher entstand es im Auftrag des französischen Botschafters in Venedig, der Vivaldi zum Hauskomponisten des Institutes erwählt hatte. Und so könnte die Komposition jene „bellissima serenata“ gewesen sein, die laut Chronik am 2. September 1724 oder am 25. August 1726 in der Botschaft aufgeführt wurde. Aber auch Rom wäre möglich, wo Vivaldi 1724 am Teatro Capranica seinen Tigrane und den Giustino inszeniert hatte. In beiden Opern gibt es Passagen, die auch in der Partitur der Serenata zu finden sind.

Die Sängerbesetzung besteht aus einem Sopran als L’Età dell’oro, einem Mezzo als La Virtù und einem Bass als La Senna. Letztere Partie ist eine Allegorie auf die Seine in Paris und deshalb die kraftvollste des Werkes. Es ist ein Glücksfall, dass dafür der renommierte italienische Bassist Luigi De Donato zur Verfügung stand – ein Spezialist im Barockfach und Besitzer einer herrlichen Stimme. Sein Auftritt, „Qui nel profondo“, ist von energischem Zuschnitt und der Sänger kann hier gebührend auftrumpfen und die Pracht seine Stimme imponierend ausstellen. Auch das stürmische Air „L’alta lor“ am Ende der Première Partie profitiert von der Vehemenz des Vortrages. Im Kontrast dazu steht getragene „Pietà, dolcezza“ zu Beginn der Deuxième Partie, in welchem er die Töne feierlich zelebriert und wie Samt ausbreitet.

Mit dem Air „Se qui pace“ fällt dem Sopran das erste Solo des Werkes zu, ein munteres Gleichnis über die Nachtigall und entsprechend virtuos jubilierend. Gwendoline Blondeel mit heller, klarer Stimme erfüllt diesen Anspruch perfekt. Das Air „Giace languente“ in der Deuxième Partie ist von ernster Empfindsamkeit und wird von der Interpretin gleichfalls eindrücklich vorgetragen. Mit „Non mai più“ gehört ihr auch der letzte solistische Beitrag als heiterer Abgesang. Der Mezzo folgt mit dem wiegenden „In quest’onde“  – Lucile Richardot mit ihrer androgyn-strengen Stimme bringt wie stets einen ganz besonderen Reiz in die Sängerriege ein.„Vaga perla“ und „Così sol nell’aurora“ zeigen ihr Vermögen, Koloraturläufe bravourös zu absolvieren. Sopran und Mezzo vereinen sich im tänzerischen Air „Godrem fra noi la pace“ auf das Schönste trotz der unterschiedlichen Eigenheiten beider Stimmen. Auch das Duo „Io qui provo“ in der Deuxième Partie lässt sie in harmonischer Verblendung erklingen (09. 01. 23). Bernd Hoppe