Fabrice Bollons Freiburger Janáček-Projekt

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Ist es ein Kinder- oder ein Covid-19 Projekt? Letztlich trug wohl mehreres zur Entstehung dieses Schlauen Füchsleins bei, das auch so etwas wie der Abschied von Fabrice Bollon als Generalmusikdirektor vom Freiburger Theater war. Letztlich verlängerte Bollon um ein Jahr und verabschiedete sich mit seiner Erasmus von Rotterdam-Oper The Folly von Freiburg, wo er seit 2008 amtierte. Wie er im Beiheft erzählt, fand es Bollon offenbar immer schon schade, dass Janáčeks Oper, die für große wie kleine Zuschauer gleichermaßen funktioniert, aufgrund ihres großen Orchesterapparates nur großen Kompagnien vorbehalten sei und deshalb viele Kinder nicht erreiche.

Dann kam die Pandemie. Da die Arbeit mit großen Orchestern unmöglich geworden war, erarbeitete der französische Dirigent eine Fassung für zwölf Musiker, die im April 2021 in Rostock unter Marcus Bosch erstmals aufgeführt wurde und im Herbst des gleichen Jahres in einer Inszenierung von Kateryna Sokolova an Bollons Stammhaus in Freiburg herauskam.

Diesmal dirigiert von Fabrice Bollon, der in seiner kammermusikalisch durchsichtigen Fassung mit Streichquartett, Kontrabass, Flöte, Oboe, Englischhorn, Klarinette, Fagott, Harfe, Klavier und Schlagwerk die spätimpressionistische Duftigkeit von Janáčeks Musik auskostet, die attraktiven instrumentalen Kombinationen ausspielt und dabei eine reizvolle Dezenz bewahrt, die den Singstimmen stets den Vortritt lässt, darunter Samantha Gaul und Irona Je-Eun Park als Füchslein und Fuchs, Michael Borth als Förster, Anja Jung als Försterin und Eule sowie Hans Gröning als Harašta. Diese orchestrale Zurückhaltung bei gleichwohl waldwebend lockender Farbigkeit kommt vor allem den Kinderstimmen zugute, denn nicht nur die Förster-Kinder Pepik und Frantik sind mit Mitgliedern des Cantus Juvenum Karlsruhe besetzt, sondern auch zahlreiche Waldtiere vom Frosch bis zu den Fuchskindern. Die Naxos- Aufnahme (2 CD 8.660526-27) entstand in Sankt Georgen. Man könnte bedauern, dass die offenbar reizvolle Freiburger Inszenierung nicht festgehalten wurde. Sokolova hatte die Bilderfolge von Stanislav Lolek, die Janáček zur siebten seiner zehn Opern inspirierte, die am Tag seines 70. Geburtstags 1924 in Brünn uraufgeführt wurde, ins Filmmilieu verlegt. Der Förster wirkt als Autor und Regisseur, die Welt des Films wird zum Ort der Träume und Sehnsüchte.

Ergänzt wird diese reduzierte Orchesterfassung des Schlauen Füchsleins, die durchaus Bestand haben könnte, durch Bollons Duo lyrique en trois acts für Violine und Cello, das Janáčeks erste Oper von 1887 über die Amazone Šárka in ein knapp 20minütiges Kammermusikstück fasst. Das spröde Stück wird von Muriel Cantoreggi und Dina Fortuna-Bollon gespielt. Bollons Janáček-Hommage setzt sich in Twelve Lilies for Leoš, einem fünfundzwanzigminütigen Stück in drei Sätzen für die Füchslein-Besetzung fort; unter Bezugnahme auf das zweite Streichquartett, das Bläsersextett, die Orchesterrhapsodie Taras Bulba und die erst posthum uraufgeführte Oper Osud schuf Bollon so etwas wie einen persönlichen Leitfaden durch Janáčeks Oeuvre. Rolf Fath