Ausstattungsfilm

.

Mit der Zürcher Verlobung hat diese Liebesgeschichte nichts zu tun. The Zurich Affair behandelt eine Liebesbeziehung, die sich gut hundert Jahre vor Helmut Käutners Film von 1957 ereignete, die Beziehung Richard Wagners zur Gattin seines Gönners und Mäzens Otto Wesendonck während seines Zürcher Aufenthalts in einem Haus neben der Villa Wesendonck. Im Zuge der Beziehung schrieb Mathilde einige schwärmerische Gedichte, deren Vertonung Richard als Studien zu Tristan und Isolde nutzte.

Trotz seiner 1,66 Meter gelte der Klavierlehrer und Zukunftsmusiker bereits jetzt als der größte lebende Komponist, begeistert sich der mit seiner Frau gerade erst von Düsseldorf nach Zürich übergesiedelte Otto Wesendonck und setzt sich vehement für den Freund Wagner ein. Bald zieht dieser die skeptischen Zürcher Bürger durch eine Lesung seiner Rheingold-Dichtung in seinen Bann. Bei diesem Anlass trifft Wagner erneut auf Mathilde Wesendonck und das, was Regisseur Jens Neubert „Wagner’s one and only love“ nennt, nimmt seinen Lauf (Naxos NBDO170V). Der international besetzte Film dürfte Zuschauer, die mit Wagner und seinen Zürcher Jahren nicht vertraut sind, einigermaßen in gespannte Aufmerksamkeit versetzten, um den Ereignissen in der Villa Wesendonck und der Zürcher Bürgerschaft zu folgen. Neubert hat gut recherchiert. Vor allem Otto Wesendonck ist gut gezeichnet. Neubert zeigt Ottos Großzügigkeit, seine Zuwendungen und Geschenke einerseits und seinen Geschäftssinn auf der anderen Seite, auch seine Versuche, Wagner zum Dirigieren zu überreden und ihm dadurch ein Auskommen zu sichern. Dem stehen die  Kleingeistigkeit der Gegner mit den bekannten Aussagen wie eine artige Zitaten-Sammlung gegenüber, beispielsweise vom „Huren-Aquarium“, oder den Auslassungen über Wagners Marotten, das Baden im kalten See usw. Otto philosophiert über soziale Fragen, Zivilisation und Wohlstand, wobei Rüdiger Hauffe eine gute Figur macht und überhaupt als kultivierter und hoch gebildeter Geschäftsmann viel sympathischer erscheint als man das gemeinhin annehmen mochte. In den Gesprächen verleiht Roland Bonjour dem Schweizer Politiker Johann Sulzer ein wenig Profil, Patrick Rapold dem Franz Liszt. Weitere historische Figuren wie Georg Herwegh, Johann Bernhard Spyri oder Gottfried Keller werden kaum greifbar, auch nicht Cosima und Hans von Bülow. Vielfach belässt es der Film bei blutleer langweiligem Aufsage-Theater. Die Zurich Affair ist ein präsentabler Ausstattungsfilm, der das Hotel Baur au Lac und die Wesendonck Villa in ihrer großbürgerlichen Pracht ebenso erfasst wie die Ansichtskartenbilder der Bergwelt und dabei über Stoffe und Kostüme streift, wie es Wagner wohl gefallen hätte. Aber die Zwischen- und Untertöne in der Richard-Mathilde-Otto Dreierbeziehung werden doch nur gestreift. Da hat so manche Tristan-Inszenierung mehr an Zwischentönen und Spannungsbögen geliefert. So seltsam glatt bleiben auch viele darstellerische Leistungen, vor allem der amerikanischen Schauspielerin und Sängerin Sophie Auster als Mathilde, während der Finne Joonas Saartamo als Wagner vor allem den getriebenen Egomanen gibt. Schön der Auftritt von Michael Volle als Kleinstadt-Sänger in einer kurzen Sequenz mit dem Holländer.   R.F.