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Wieder bringt das Label Château de VERSAILLES eine veritable Rarität heraus – die 1714 in Paris uraufgeführte Tragédie en musique Télémaque et Calypso von André Cardinal Destouches, der nach dem Besuch eines Jesuitenkollegs in Paris bei André Campra Komposition studierte. Er gilt als ein Nachfolger Lullys und errang die Aufmerksamkeit von Louis XIV.. Seine fünf tragédies en musique – alle in der Manier Lullys mit fünf Akten und einem Prolog – wurden ausnahmslos an der Opéra de Paris aufgeführt. Télémaque fand eine zwiespältige Aufnahme, 1730 gab es eine revidierte Fassung, welche für diese Einspielung genutzt wurde.
Sie ist eine Weltpremiere, entstand im Oktober 2023 in Puteaux und wurde – wie stets mit informativem Booklet – auf zwei CDs veröffentlicht (CVS 128). Der Unterschied zum Original betrifft vor allem das Finale – nun ein lieto fine nach dem dramatischen Schluss der Erstfassung mit einem Sturm und der Zerstörung von Calypsos Insel. Als Trauernde hatte sie dort versucht, den jungen Schiffbrüchigen Télémaque zu verführen.
Mit Les Ombres wurde ein weniger bekanntes Ensemble verpflichtet, das unter seinen Begründern Margaux Blanchard und Sylvain Sartre solide und mit musikantischem Schwung musiziert, damit ganz sicher auf dem Weg zu den führenden Orchestern in diesem Genre ist.
In der weiblichen Titelrolle klingt Isabelle Druet etwas anonym, steigert sich aber im letzten Akt zu imposantem Format, besonders in dessen Einleitung mit der fulminanten Szene „Haine, dépit, fureur“. Prominent besetzt ist die Antiope, Calypsos Gegenspielerin und verkleidet als Eucharis, mit Emmanuelle Emmanuelle de Negri. Die Sopranistin singt vorzüglich, ist auch eine exzellente Interpretin in der Klangrede. Mit Télémaque, den der Haute-contre Antoine Rondepierre kompetent und expressiv singt, hat sie im 3. Akt im Rahmen des Divertissements Chaconne pour les Démons transformés en Nymphes ein reizvolles Duett. Ein erfahrener Sänger im Barock-Repertoire ist David Witczak, der als Adraste, König von Thrakien und Verehrer Calypsos, mit resonantem Bariton beeindruckt. Die junge Sopranistin Hasnaa Bennani übernahm nicht weniger als fünf Rollen, darunter L´Amour, Cléone und Une Prêtresse de Neptune. Erwähnenswert sind noch der Bassbariton Adrien Fournaison als Apollon und Idas sowie die Mezzosopranistin Marine Lafdal-Franc als Minerve und Grande Prêtresse de l´Amour (19. 06. 24). Bernd Hoppe