Pech für alle, die die Hilsdorf-Inszenierung von Wagners Ring an der Oper am Rhein Duisburg sehen wollten, Glück für die CD-Aufnahme zumindest des ersten Teils, Das Rheingold, denn da die Sprinkleranlage des Opernhauses das Gebäude unter Wasser gesetzt hatte, mussten die Vorstellungen in die Mercatorhalle verlegt und aus szenischen mussten konzertante Aufführungen werden. Dadurch konnten sich die Sänger ausschließlich auf ihren Gesang konzentrieren, eine ausgewogene Balance zwischen Orchester und Solisten garantiert werden, und die Mercatorhalle scheint generell mit einer besonders guten Akustik gesegnet zu sein. Axel Kober, bayreuth- und speziell ring-erprobt, garantiert einen so durchsichtigen wie wirkungsvolle Spannungsbögen aufbauenden Orchesterklang, deckt die Sänger nie zu und weiß die Qualitäten der Duisburger Philharmoniker besonders in den Verwandlungen, so mit einem majestätisch-ruhigen Walhall-Motiv bestens zu präsentieren. Da zahlt sich nicht zuletzt die langjährige Vertrautheit mit dem Orchester aus.
Auch die Solisten machen fast alle ihre Sache sehr gut. Natürlich trifft das auf den Alberich von Jochen Schmeckenbecher zu, nur Ingvar Wixell als Scarpia dürfte so unverzichtbar in einer Partie gewesen sein wie er als Nibelung. Eine bis in die letzte Silbe hinein ideale Diktion auch bei schnellen Tempi, ein durch Mark und Bein gehender Fluch sind seine besonderen Qualitäten. Er ist genau so unverwechselbar wie seine beiden Bariton-Kollegen, denn auch der Wotan von James Rutherford ist mit noblem, leicht erotisch angehauchtem Timbre, siegreicher Höhe und vokaler Autorität ein vorzüglicher Vertreter seiner Partie. Gegenüber seinen beiden Kollegen fällt David Jerusalem als Donner mit holprig-dumpfem Beitrag erheblich ab.
Die beiden Tenöre Raymond Very (Loge) und Florian Simson (Mime) wissen durch des einen gleißnerisches Timbre, durch lyrische Qualitäten und des anderen jämmerlich quäkendes Charaktertenororgan ihre Rollen unverwechselbar zu machen. Nachdrücklich in der Belehrung Wotans zeigt sich der Fafner von Lukasz Konieczny in weitausgespannten Bögen, Thorsten Grümbel als Fasolt klingt anders, aber nicht weniger eindrucksvoll.
Die Damen sind durchweg angenehm, wobei die Fricka von Katarzyna Kuncio eher mädchen- als damenhaft klingt, sich etwas hoheitsvoller geben könnte. Sylvia Hamvasi setzt einen frischen, jugendlichen Sopran für die Freia ein und Ramona Zaharia hat für die mahnende Erda einen eindringlichen, schönen Fluss der Stimme, die man sich allerdings auch noch „erdiger“ vorstellen könnte. Fein aufeinander abgestimmt sind die Stimmfarben der Rheintöchter (Heidi Elisabeth Meier, Roswitha Christina Müller, Anna Harvey), verführerisch und jugendlich alle drei. Naserümpfen oder Brauenhochziehen erübrigt sich also, denn ein nicht ganz großes Haus hat den Grundstein für einen großen Ring gelegt (CAvi 2 CD Q 8553504). Ingrid Wanja