Flottes für die Beine und Ohren

Im September 2014 jährt sich der Todestag von Giacomo Meyerbeer zum 150. Mal. Naxos ehrt den kosmopolitischen Komponisten mit zwei CD’s, die Orchestermusik aus seinen französischen Opern enthalten. Dabei sollen die übrigen verdiensvollen Beiträge der Firma zum Thema Meyerbeer nicht vergessen werden: Semiramide, Il Crociato in Egitto und eine ganze Lieder-CD. Zudem gibt´s bei Naxos jede menge historische Meyerbeer-Dokumente, so die Huguenots mit berühmten Sängern der Vergangenheit. Und da ist natürlich auch der Etoil du Nord bei Marco Polo (dto). 

Auf der ersten, Ballet Music from the Operas, befinden sich Tanzeinlagen aus Meyerbeers vier Grand Opéras. In den nach wie vor eher seltenen szenischen Aufführungen sind sie meist gestrichen, obwohl sie doch ein wesentlicher Bestandteil dieser Gattung sind. Deshalb könnte man dieser Zusammenstellung gerne zuhören: dem sinnlichen Ballett der Nonnen aus Robert le Diable, den berühmten flotten Schlittschuhläufern „Les Patineurs“ aus Le Prophète oder dem rassigen Ungarischen Tanz aus Les Huguenots. Doch leider entfaltet sich der Charme der Melodien in der Wiedergabe durch Michał Nesterowicz und dem Barcelona Symphony Orchestra nur bedingt. Der Darbietung fehlt es an Esprit, Leichtigkeit und Subtilität, überhaupt tänzerischer Grazie. Wie schwer und unelegant bewegen sich beispielsweise die Schlittschuhläufer übers Eis, wie uninspiriert und einförmig ertönt der Marche Indienne aus L’Africaine.

meyerbeer entractesDa ist die andere CD interpretatorisch aus ganz anderem Holz. Ouvertures and Entr’actes from the French Operas versammelt eine stattliche Anzahl von Sinfonischem. Es gibt Gewichtiges, wie die Einleitungen zu L’Etoile du Nord, Dinorah oder Le Prophète, aber auch viele Miniaturen, einige nur 1- 2 Minuten lang, die schnell an einem vorbeiziehen. Doch Darrell Ang, der Mann am Pult des aufmerksam mitgehenden New Zealand Symphony Orchestra, holt das Beste selbst aus den kleinen Häppchen heraus. Gleich im rhythmisch pulsierenden, dramatisch sich steigernden Vorspiel zu Robert le Diable zeigt er, was man an Farben und Details aus Meyerbeers Musik herausholen und wie interessant sie klingen kann. Die Ausschnitte aus Dinorah nehmen durch federnde Anmut für sich ein, die aus Le Prophète mit dem abschließenden Krönungsmarsch durch vorwärtsdrängenden Drive. Darrell hat durchgehend das Gespür für das richtige Timing, dirigiert straff wie transparent, gibt aber auch den reizvollen instrumentalen Solis genügend Raum, sich zu entfalten. Dieses Album ist unterhaltsam und abwechslungsreich und deshalb ein gelungenes Plädoyer für Meyerbeer.

Karin Coper

Giacomo Meyerbeer: Ballet Music from the Operas; Barcelona Symphony Orchestra, Leitung: Michał Nesterowicz; Naxos, 8.573076

Giacomo Meyerbeer: Ouvertures and Entr’actes from the French Operas; New Zealand Symphony Orchestra, Leitung: Darrell Ang; Naxos, 8.573195