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Im Jahre 1830 beschloss Giacchino Rossini, sein Opernschaffen, das sich immerhin über knapp zwanzig Jahre erstreckt hatte, zu beenden und sich nur dem Wohlleben in Paris hinzugeben. Mit weiteren 38 Jahren hatte er vielleicht nicht gerechnet, so dass es nicht verwundert, dass er sich hin und wieder einer oft gar nicht so kleinen „Alterssünde“, wie er es nannte, hingab, zu denen auch die
gehört, eine ihrem Titel widersprechende umfangreiche Messe für vier Solisten, Chor, allerdings nur Harmonium und zwei Klaviere als Begleitung. Auf letztere mag sich die Bezeichnung „petite“ beziehen, allerdings komponierte Rossini kurz vor seinem Tod noch eine Orchesterbegleitung, wahrscheinlich in der nicht unberechtigten Befürchtung, sonst würde es ein anderer Komponist tun.
Die Messe war für die Einweihung der Kapelle für einen befreundeten verstorbenen Adligen gedacht, von dessen Witwe und Sohn in Auftrag gegeben, die auch die Uraufführung organisierten. Neben dem Stabat Mater gehört sie zu den populärsten geistlichen Werken Rossinis, auch wenn diese durchaus weltliche Züge zeigen und damit die Opernvergangenheit ihres Schöpfers nicht verleugnen können.
Die Aufnahme der Rheinischen Kantorei unter Edzard Burchards kommt mit einem Klavier (Tobias Koch auf einem Érard-Flügel) aus, der energisch dem Kyrie vorangeht. Das Prélude religieux zu Beginn der zweiten CD hat mit dem Spiel von Christian Gerharz auf dem Harmonium einen weit sanfteren, religiöser klingenden Beginn.
Tadellos harmonisch nimmt sich die Reheinische Kantorei, acht Stimmen, zwei für jedes Stimmfach, seines umfangreichen Parts an, betont eindeutig den religiösen Charakter des Werks, ist wie ein zarter Schleier im Hintergrund am Schluss und kann auch überaus schwungvoll zu Werke gehen. Edzard Burchards hat aus ihm einen hörbar vorzüglichen Klangkörper gemacht. Wie es heute um ihn steht, weiß man nicht, denn die Aufnahme wurde bereits im Rahmen des Festivals Alte Musik Knechtstetten im Jahre 2016 gemacht.
Von den Solisten sind zu allererst die Damen lobend hervorzuheben. Der Sopran Dorothee Mields verfügt über eine klare, reine, engelsgleiche Stimme, die wie entrückt singen kann, ganz besonders das „O salutaris hostia“ erweckt diesen Eindruck. Gemeinsam mit dem Sopran, aber auch bei ihren Soli kann der Alt Nicole Pieper mit Wärme und Geschmeidigkeit prunken. Der Tenor Tobias Hunger klingt sehr hell, verblasst manchmal im Duett mit dem Bass neben diesem, verfügt aber über ein kraftvolles Forte, mitunter hört sein Beitrag sich reichlich verhangen an. Bruchlos und markant nimmt sich der Bass Felix Schwandtke seiner Partie an, nur stellenweise etwas hohl klingend. Insgesamt sind das zwei CDs, mit denen man durchaus 90 angenehme Minuten verbringen kann (CPO 555 232-2): Ingrid Wanja