Monteverdi und Andere

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Im Jahr 1650, sieben Jahre nach Claudio Monteverdis Tod, gab der venezianische Verleger Alessandro Vincenti mit Hilfe von Francesco Cavalli, einem Schüler und Nachfolger Monteverdis, dessen Messa a quattro voci et salmi concertati heraus. Diese Messe hat das 2004 von Krijn Koetsveld gegründete niederländische Ensemble Le Nuove Musiche mit einer ganzen Reihe weiterer Stücke von Monteverdi und zusätzlich einem Magnificat von Cavalli bei BRILLIANT CLASSICS herausgebracht. Dazu kommt die Messa in illo tempore, die von Monteverdi als Eröffnungsstück für die berühmte Marienvesper geschrieben wurde. Zu den beiden Messen kommen verschiedene Vertonungen von einzelnen Psalmen und liturgischen Texten wie beispielsweise Dixit Dominus, Confitebor tibi oder Laetatus sum, mit denen sich Monteverdi zu unterschiedlichen Zeiten beschäftigt hat, sodass ein Vergleich der verschiedenen Stile möglich wird. Bereits bei den fast a capella gesungenen Messen  erweist sich die hohe Qualität der Sängerinnen und Sänger, die – auffällig dezent lediglich von Orgel und Bass begleitet – wunderbar ausgewogen und immer mit lupenreiner Intonation singen. Das gilt für die einzelnen Stücke in gleichem Maße; hier wird das durchweg schlankstimmige, jeweils unterschiedlich besetzte Gesangsensemble von den stets durchsichtig musizierenden Instrumentalisten unterstützt. Dass alles stilsicher ausgedeutet wird, ist sicher auch dem musikalischen Leiter der Aufnahme, dem erfahrenen Spezialisten für Alte Musik Krijn Koetsveld an der Orgel oder dem Cembalo zu verdanken (BRILLIANT CLASSICS 96880, 2 CDs).

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Auch das 2010 gegründete spanische Ensemble AMYSTIS steht mit seinen acht Sängerinnen und Sängern sowie vier Continuo-Instrumentalisten (Dulzian, Harfe, Viola da Gamba und Orgel) unter Leitung seines GründersJosé Duce Chenollfür Transparenz und stilgerechtes Musizieren. Die Künstler haben sich geistlicher Werke des so gut wie vergessenen spanischen Komponisten AlonsoXuárez (1640-1696) angenommen. Xuárez war als maestro de capilla (Kapellmeister / Musikdirektor) für die Musik an den Kathedralen in Sevilla und Cuenca verantwortlich und leistete Wertvolles zur spanischen Renaissance im Übergang zum Barock. Auffallend an allen aufgenommenen Werken, besonders an der Misa Surge propera a 7, ist die Vielschichtigkeit des Kompositionsstils. Da die jeweiligen Sänger durchgehend selbstständige Tonfolgen zu singen haben, entsteht ausgesprochen farbenreiche Chor-Polyphonie. In den vorliegenden Welt-Ersteinspielungen überzeugt das Ensemble durch kompetentes, stets intonationssicheres Musizieren (BRILLIANT CLASSICS 96954).

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Im Album Salvation werden auf den ersten Blick überraschend Kompositionen von Johann Sebastian Bach und Dmitri Shostakovich nebeneinander gestellt, die Welten und Jahrhunderte voneinander entfernt sind. Im Booklet wird etwas bemüht ein Zusammenhang hergestellt, indem Shostakovich zitiert wird: „Der Einfluss von Bach ist wirklich enorm. Ich spiele jeden Tag Bach. Für uns ist Bachs Vermächtnis eine Verkörperung leidenschaftlicher Emotionen, seelenvoller Menschlichkeit und wahren Humanismus‘, der im Gegensatz zur dunklen Welt des rohen Bösen und der Menschenverachtung steht.“ Bereits im Alter von zwölf Jahren soll er beide Bände von Bachs Wohltemperiertem Klavier gespielt haben. Unter dem Titel Salvation werden Instrumentalwerke beider Komponisten und Kantatenausschnitte von Bach Shostakovichs späten Romanzen für Sopran und Klaviertrio op.127 nach Gedichten von Alexander Blok gegenüber gestellt. Es musizieren die Barock-Spezialistin Dorothee Mields und das G.A.P. Ensemble, bestehend aus dem Geiger Emilio Percan, dem Cellisten Oriol Aymat Fusté und dem Pianisten Luca Quintavalle. Ohne Makel interpretieren die Instrumentalisten Bachs Violinsonate BWV sowie auf dem Cembalo Präludium und Fuge d-Moll aus seinem Wohltemperamenten Klavier. In Shostakovichs temperamentvollem erstem Klaviertrio op.8 beweisen sie sicher die erforderliche Virtuosität, über die der Pianist ebenso in dessen Präludium und Fuge Nr.5 in D aus den 24 Präludien und Fugen für Klavier verfügt. Vom Klaviertrio sicher begleitet deutet die Sopranistin sehr unterschiedliche Rezitative und Arien aus verschiedenen Bach-Kantaten aus, wobei jeweils beeindruckt, wie abgerundet und intonationsrein sie ihre schlanke Stimme durch alle Lagen führt. Gemeinsam gestalten die vier Musiker Shostakovichs Romanzen, die sehr unterschiedliche Stimmungen entfalten. Von ihnen beeindrucken besonders das anrührende Wir sind zusammen, das heimliche, nächtliche Treffen zweier Liebenden, die visionären Stürme und Seltsamen Zeichen als träumerische Vorboten eines grauenvollen Krieges und das abschließende Lied Musik als leidenschaftliches Gebet an die „Königin der Schöpfung“ (BRILLIANT CLASSICS 97280). Gerhard Eckels