Andachtsvoll

 

Der Venezianer Antonio Caldara (1670-1736) kam nach Stationen in Mantua, Rom und Barcelona 1716 nach Wien, wo er bis zu seinem Tod am Kaiserhof der Wiener Hofmusik angehörte. Die Anzahl seiner Kompositionen ist immens, man schätzt, mehr als 3400 Werke soll er während seines Lebens komponiert haben, über 80 Opern, viele Madrigale und Kanons sowie zahllose kirchenmusikalische Werke – Messen, Kantaten, Motetten und Oratorien. Die Vokalakademie Berlin unter der Leitung von Frank Markowitsch legt nun eine CD mit dem TitelSalve Regina vor – zehn Werke mit „Musik zum Lobe der Maria“ (drei davon als Ersteinspielung – das namensgebende „Salve Regina“, „Magnificat“ und „Ave maris stella“), darunter polyphone Chormusik und Stücke für Solostimme, sowie eine Triosonate als instrumentaler Zwischenpunkt. Die klug zusammengestellten Werke der im Februar 2016 in der Wilmersdorfer Lindenkirche aufgezeichneten CD folgen in der Anordnung dem Lebenslauf der Maria und zeigen das Spektrum an Werken, die um die Mutter von Jesus entstanden ist. Das „Magnificat“ für zwei vierstimmige Chöre beinhaltet zu Beginn die Verkündigung der Geburt Christi, im Gebet „Haec est Regina virginum“ hört man ein fein abgestimmtes Miteinander von Solo-Sopran und Violine, „Suscepit Israel“ wurde auch von Bach bearbeitet (BWV 1082), der Hymnus „Ave maris stella“  für Solosopran gehört zur Feier Maria Lichtmess, „Regina coeli laetare“ feiert die Himmelskönigin, die Anrufung Marias in „Salve Regina“ ist eine virtuose Solokantate, das „Crucifixus“ für sechzehnstimmigen Chor ist von intensiver Ernsthaftigkeit erfüllt, „Laboravi in gemitu meo“ für drei Solostimmen und Basso Continuo ist eine schwermütige Motette über Reue, „Tenebrae factae sunt“ für Chor accapella beschreibt die Finsternis in Jesus‘ Todesstunde und das abschließende „Stabat Mater“ für vierstimmigen Chor ist ein schmerzvolles Lamento.  Das Stabat Mater war aus der Liturgie verschwunden, 1727 wurde sie wieder eingeführt. Caldara gehörte zu den ersten, die das Gedenken neu in Töne fassten. 25 Chorsänger, die auch die Solisten stellen, und 11 Musiker sind in dieser gelungen angeordneten und tadellosen Aufnahme mit homogenem Klang zu hören. Das Bassano Ensemble Berlin ist ein historisches Blechbläserensemble, deren Mitwirkende auch in anderen bekannten Orchester spielen, bspw. im Freiburger Barockorchester oder der Lautten Compagney Berlin, es wird ergänzt durch Streicher und Basso Continuo mit Musikern aus Originalklang-Ensembles. Wann bzw. in welcher Reihenfolge diese Werke Caldaras entstanden, ist im Beiheft nicht aufgeführt, dafür ist ein kenntnisreicher und lesenswerter Beitrag zur kirchengeschichtlichen Herkunft der Werke der in Berlin lehrenden Musikwissenschaftlerin Susanne Fontaine enthalten. So geschickt und clever die abwechslungsreiche Zusammenstellung auch sein mag, wie engagiert die Berliner auch singen und musizieren, beim Anhören neigt man dazu, diese CD einem musikliebenden Katholiken empfehlen zu wollen. (ROP6118)

rondeau

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Eine weitere Veröffentlichung von Rondeau widmet sich zwei raren Werken. Gabriel Fauré schrieb zusammen mit seinem Schüler André Messager eine Missa brevis, dieMesse des pêcheurs de Villerville, eine Messe für die Fischer von Villerville, einem Ort in der Normandie, in dem beide 1881 ihren Urlaub verbrachten. „Kyrie“ und „O Salutaris“ sind von Messager, „Gloria“, „Sanctus“ und „Agnus Dei“ komponierte sein Lehrer. Fauré war zeitlebens Kirchenmusiker und komponierte doch nur 26 Werke für den liturgischen Gebrauch, Musik ohne Prunk, schlicht und andächtig, mit lyrischen Schönheiten und gelegentlichen Verklärungen, sein berühmtes Requiem ist repräsentativer Höhepunkt. Die vorliegende kleine Fischermesse ist eine Originalkomposition für Frauenchor und bietet sich durch Faurés spezifischen Stil für junge Stimmen an. Der Mädchenchor Hannover interpretiert diese Messe stimmschön in andachtsvoller Stimmung, die Leiterin des Chors Gudrun Schröfel leitet die musikalische Aufführung, die von 8 Mitgliedern des Niedersächsischen Staatsorchester (Klarinette, Oboe, Flöte und Streicher) sowie eines Kirchenorganisten tadellos musiziert wird. Der umfangreichere zweite Teil beinhaltet Johann Sebastian Bachs Kantate BWV 1083, „Tilge, Höchster, meine Sünden“, ein ungewöhnliches Werk, das eine Bearbeitung von Pergolesis „Stabat Mater“ für den protestantischen Gottesdienst ist. Pergolesis Werk entstand 1736, Bachs Adaption geschah bereits um 1745. Der Text des katholischen Werks wurde durch eine gereimte Fassung des 51. Psalms eines unbekannten Textdichters ersetzt, eine Bibelstelle über Buße. Bach komponierte um, stellte um, passte die Stimmführung an den neuen Text an – ein dankbares Feld für Musikwissenschaftler. So richtig passen wollen Text und Musik dennoch nicht, Pergolesis „Stabat Mater“ ist ein Meisterwerk, Bachs Bearbeitung läßt auch in dieser Neuaufnahme nicht die Begeisterung zu, die das Ursprungswerk ausstrahlt, die protestantisch-empfindsame Version erreicht nicht die klangsinnliche Intensität des Originals. Die vorliegende Version wird wiederum vom Mädchenchor Hannover sowie von Sopran Ania Vegry und Altistin Mareike Moor gesungen, beide Ensemblemietglieder der Staatsoper Hannover. Das Arte Ensemble musiziert mit zehn Streichern, Gudrun Schröfel leitet die schöne Aufführung mit unaufgeregter Phrasierung mit ruhigen Tempi in andachtsvoller Zurückhaltung. (ROP6119)
Marcus Budwitius