Die Lenya ist der Star

In der Reihe der inzwischen sattsam bekannten 10-CD-Boxen von Intense Media ist nun auch eine Zusammenstellung historischer Brecht/Weill-Aufnahmen erschienen (600124). Auch in diesem Fall sind es größtenteils bekannte, schon mehrfach aufgelegte Einspielungen. Und doch, es finden sich einzelne reizvolle Raritäten, so z.B. orchestrale Auszüge aus der Dreigroschenoper unter Otto Klemperer mit der Staatskapelle Berlin von 1930, September-Song mit Frank Sinatra, die Moritat von Mackie Messer von Bertolt Brecht selbst interpretiert, und vieles mehr.

Die gesamte Box wird von den Aufnahmen Lotte Lenyas dominiert, sehr zum Vorteil dieser Edition. Die Lenya, Ehefrau und Witwe Weills, hat nach seinem frühen Tod unermüdlich für die Verbreitung seiner Werke gesorgt, einen guten Teil seiner Rollen hatte er ihr ja auf den Leib geschrieben, und nicht nur deswegen ist sie die uneinholbar berufenste seiner Interpretinnen. Diese Mischung von kühler Schnoddrigkeit, mit einer Prise Wiener Schmäh versetzt, ist unwiederholbar, und bis heute muss sich jede Jenny oder Anna an ihr messen lassen. Die Dreigroschenoper ist hier gleich in mehreren Einspielungen zu hören. Neben der historischen Aufnahme von 1930 in der Besetzung der Uraufführung, auch die inzwischen auch schon nicht mehr ganz frische Einspielung von 1958. Eindeutiger Höhepunkt sind Die sieben Todsünden, 1956 unter Brückner-Rüggeberg eingespielt, dicht gefolgt von Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny im gleichen Jahr mit dem gleichen Dirigenten entstanden. Vom „amerikanischen“ Weill ist Lady in the Dark und Down in the Valley enthalten, jeweils in amerikanischen Aufnahmen der 50er-Jahre, die allerdings nicht so recht begeistern können.

So kompakt und übersichtlich hat es diese Aufnahmen bisher nicht gegeben, schon gar nicht für diesen Dumping-Preis. Zugreifen, alle Lotte-Lenya-Fans!

Peter Sommeregger