Die Aufnahme hatte in Sammlerkreisen längst die Runde gemacht: Gaetano Donizettis Oper Don Pasquale vom 18. Januar 1962 Im Mitschnitt aus dem Prinzregententheater in München. Zunächst war er von Techno-Audio angeboten worden, einer Firma, die unter anderen auf hochwertige und passgenaue Wiedergabetechnik spezialisiert ist. Das war ungewöhnlich, hatte aber einen simplen Grund. Klaus-Peter Grasse, der Inhaber des Unternehmens, ist Mitglied der Fritz-Wunderlich-Gesellschaft in Kusel, dem Geburtsort des Sängers. Wunderlich gibt den Ernesto im obigen Don Pasquale in deutscher Sprache. Jetzt erschien die Aufnahme bei Profil Edition Günter Hänssler, hat eine Bestellnummer und nimmt somit ihren festen Platz auf dem Musikmarkt ein, wo sie offenbar auch leichter zu vertreiben ist und einem größeren Kundenkreis zugänglich gemacht werden kann (PH19075).
Wunderlich geht immer. Wer schon fast alles hat, möchte schließlich alles haben. Auch mehr als fünfzig Jahre nach seinem Unfalltod ist sein Ruhm nie erloschen. Mit diesem deutsch gesungenen Don Pasquale erfährt die ohnehin sehr umfangreiche Diskographie nochmals eine Erweiterung. Der „ewig junge“ Wunderlich, seinerzeit auf dem Höhepunkt seiner Karriere, dominiert das Ensemble und lässt die tüchtige Erika Köth als Norina etwas reif erscheinen. Er hat die Frische und Unbekümmertheit in der Stimme, sie bringt den Zauber ihres frühen Witwenstandes vornehmlich durch Kunst hervor. Und das gelingt ihr gut. So gut, dass sie für ihre Cavatine „Auch ich versteh‘ die feine Kunst“ im ersten Akt gefeiert wird. Schließlich hat sie in der Oper schon durch die zwischenzeitliche Verkleidung als kapriziöse Ehefrau des gefoppten Hagestolz Pasquale, den Kurt Böhme mit der ihm eigenen humorvollen Routine versieht, die viel Zuspruch auf sich zieht, darstellerisch einen schwierigen Part zu bewältigen. Aus Wunderlich singt es wie von selbst heraus, wenn er sich in seiner berühmten Arie als „armer Enesto“ bemitleidet wird, um alsbald entschlossen in die Fremde aufbrechen zu wollen, damit er Norina vergisst. Das Publikum tröstet ihn mit viel Beifall.
Die vergnügliche Vorstellung, von Meinhard von Zallinger am Dirigentenpult angefeuert, vergeht auch an den Lautsprechern wie im Fluge. Ensemble und Publikum teilen sich den Spaß an der Aufführung. Obwohl deutsch gesungener Donizetti heute nicht mehr so recht vorstellbar ist. Einen Vorteil hatten solche Übersetzungen schon: Der größte Teil des Publikums konnte ihnen bis in alle Einzelheiten folgen. Der Mitschnitt, dessen Herkunft nicht eindeutig geklärt ist (Radio? Hausmitschnitt?), offenbart es. Im Booklet reicht Autor Lother Brandt die Vermutung weiter, dass die Aufnahme von Fritz Wunderlich selbst, einem Technik-Fan, stammt. „Trotz so aufwändiger wie behutsamer Restauration bleiben einige Fehler und Artefakte der teilweise beschädigten Mono-Bänder unüberhörbar.“ Die historische Bedeutung des Dokuments rechtfertige aber die Veröffentlichung. Ein Urteil, dem ich mich gern anschließe. Rüdiger Winter