Ein Ochs ist kein Frosch

 

Immer etwas problematisch insbesondere in nördlichen Breiten ist die Gestaltung des dritten Akts von Johann StraußFledermaus, der vom slibowitzseligen Frosch dominiert wird. Die Aufnahme mit der NDR Radiophilharmonie unter Lawrence Foster wollte wohl besonders authentisch werden mit einem echten Wiener, nämlich dem Wagnerbass Kurt Rydl in der Partie des Justizvollzugsbeamten, auch ein bewährter Ochs und hier bereits auf dem Fest des Prinzen Orlofsky zusätzlich die Rolle des besonders bei Silvesteraufführungen beliebten special guest einnehmend. Auch er strebt wie die Kammerzofe Adele eine Bühnenkarriere und die Protektion des Prinzen an und bewirbt sich darum mit dem Flohlied des Mephisto von Mussorgsky. Bei der bassgewaltigen Darbietung wundert man sich allerdings, dass er nicht längst auf einer Bühne steht.

Die neue Textfassung der Dialoge des Tenors Nikolai Schukoff, der auch Eisenstein ist, gönnt ihm keine tagespolitischen Anspielungen, nur noch ein paar Noten Osmin und Ochs, sondern spielt lieber insgesamt mit amerikanischen und russischen Wortfetzen, der internationalen Besetzung angemessen, und doppeldeutigen sexuellen Anspielungen wie „bei mir können sie aufsteigen“. Am stärksten erinnert noch die Ida von Alice Waginger an Wiener Aufführungen, während Solisten wie auch Chor (WDR Rundfunkchor) und Orchester eine gewisse Globalisierung des Klangs nicht verleugnen können.

Laura Aikin, die Alleskönnerin, ist eine beherzte Rosalinde mit stählern klingendem Csárdás, den Rhythmus leicht ironisierend, mit sicheren Koloraturen und einigen Problemen beim Registerwechsel im letzten Akt. Eine frische, spritzige Adele singt Annika Gerhards, quietschend vor Übermut, mit üppiger Höhe in Mein Herr Marquis und feinen Differenzierungen für die drei Rollen in Spiel ich…Sehr direkt mit tenoraler Prachtentfaltung recht opernhaft gibt Nikolai Schukoff den Eisenstein, etwas verhuscht im Finale des zweiten Akts wirkend. Christian Elsner darf als Alfred sein Fach mit Florestan und Stolzing antippen, verbreitet aber auch in der Straußmusik tenoralen Wohlklang. Eine ideale Besetzung für den Orlofsky ist Elisabeth Kulman, durchaus wie ein übermütiger, beschwipster Jüngling klingend. Rollendeckend besetzt sind der Frank mit Joachim Schmeckenbecher und Dr. Falke mit Mathias Hausmann. Die Aufnahme entstand im Januar 2018 im Großen Sendesaal des Landesfunkhauses Hannover (2 CD Pentatone  PTC 5186635). Ingrid Wanja