Aus goldener Buffa-Zeit

Ein Viva la Mama ohne Mama ist Cimarosas  L’impresario in angustie, zu Deutsch Der Impresario in der Klemme, in dem typische Missstände italienischen Opernlebens im 18. Jahrhundert und teilweise noch heute dargestellt werden. Es geht um den Kampf dreier Primadonnen um die Herren am Theater wie um die beste Rolle und um die ständige Finanznot der Impresari, die für die Aufführungen verantwortlich waren und sie finanzierten, oft ohne den erwünschten Gewinn aus dem Unternehmen zu ziehen und deshalb zur Flucht vom Schauplatz des Geschehens gezwungen.

Das Personal besteht aus drei Sängerinnen der unterschiedlichen Fächer, dem Impresario, dem Dichter, dem Kapellmeister und dem Beschützer einer der Sängerinnen. Weiter als bis zur ersten Probe gelangt die Aufführung des vorgesehenen Stückes nicht, dann ist der Impresario mit der Kasse verschwunden und die Prima Buffa um einen Verlobten reicher sowie die anderthalbstündige Oper zu Ende. Die Musik karikiert ebenso wie das Libretto das damalige Opernwesen, indem sie die gängigen musikalischen Formen als übertreibend leere Virtuosität bloßstellt, typische Handlungsmuster in Frage und die prekäre Lage der Kunstschaffenden an den Pranger stellt.

Im Jahre 1963 gab es in Neapel noch wie in jeder größeren Stadt Italiens ein RAI-Orchester für klassische Musik, hier das mit der Musik des 18. Jahrhunderts besonders vertraute Orchestra Alessandro Scarlatti, das im gleichnamigen Auditorium der Stadt vor Publikum die Farsa zur Aufführung brachte. Illuster sind die Namen auf dem Besetzungszettel, insbesondere die der Herren mit Sesto Bruscantini und Italo Tajo. Sie und alle anderen versprühen hörbar gute Laune, sind überaus präzise und gewandt im unmerkbaren Übergang vom gesprochenen zum gesungenen Wort. Man merkt ihnen an, wie viel Spaß es bereitet, sich spritzig und flott über das eigene Metier lustig zu machen, und dabei werden sie aufs Beste unterstützt vom Orchester unter Luigi Colonna.

Gleich drei Soprane wetteifern im Stück wie auf der Aufnahme um die Gunst der Zuhörenden. Die Fiordispina von Dora Gatta ist mehr Spina als Fiore mit herber, klarer Stimme, guter Mittellage und in „“Io son placida e serena“ voll virtuoser Qualitäten. Eine ihrer Rivalinnen ist die Merlina von Gianna Galli, eine spitzzüngige Soubrette mit durchaus charaktervoller Stimme. Die dritte im zänkischen Bunde ist die Doralba von Laura Londi, die ebenfalls Haare auf den Zähnen und diese wiederum in der Stimme hat – insgesamt also ein lustig-streitbares Trio. Sesto Bruscantini glänzt als Poet Don Perizonio durch die schlanke Farbigkeit der Stimme und zieht alle Register eines so übermütigen wie kontrollierten Buffo, baut seine Arie „Lo Impresario“ sehr geschickt auf und kann mit seinem schönen Bariton wunderbar schmeicheln. Ihm das Wasser reichen kann Italo Tajo als Komiker, und auch die flexible Bassstimme, in der Lachen wie Intrige hörbar werden, ist einmalig. In „Vado e giro“ zeigt sich aufs Schönste seine ungeheure Behändigkeit des Singens, und sein Parlando ist beispielhaft. Einen scharfen Charaktertenor hat Piero Bottazzo für den Kapellmeister Gelindo, wenig in Erscheinung tritt der Strabinio von Renzo Gonzales. Wer echte alte Buffakunst von dazu berufenem Ort aus berufenen Kehlen hören will, dem sei die CD anempfohlen. Allerdings wird er vom Booklet schmählich im Stich gelassen, das über das Allernotwendigste an Informationen nicht hinausgeht (Myto 000330).

Ingrid Wanja