Angesichts der Fülle an Aufnahmen von Liedern Gustav Mahlers ist es eine gute Idee, wieder einmal auf Bearbeitungen zurückzugreifen. Nicht, dass der Komponist solche Arrangements nötig hätte. In der Regel sind sie nicht auf Verbesserung und Korrekturen aus, sondern zeugen von der intensiven Beschäftigung mit den Originalen. Und sind eine Verbeugung zugleich. So dürfte es auch für Arnold Schoenberg gelten, der Mahler hoch verehrte. Nach eigenem Bekunden bezog er aus dessen Werken wichtige Anregungen für das eigene Schaffen. Beide Komponisten sind sich auch persönlich begegnet. Schoenberg war nur vierzehn Jahre jünger als Mahler. Nach dessen Tod unterhielt seine Witwe Alma enge Kontakte zu Schoenberg und unterstützte ihn gelegentlich finanziell aus dem Erbe ihres Mannes. Naxos hat von Schoenberg arrangierte Lieder Gustav Mahlers vorgelegt – im Doppelpack die Lieder eines fahrenden Gesellen und das Lied von der Erde (8.573536). Es begleitet das Attacca Quartet, ein mehrfach preisgekröntes junges Ensemble aus den USA, und die Virginia Art Festival Chamber Players unter der Leitung der Dirigentin JoAnn Falletta, die sich vornehmlich eines Repertoires fern des Mainstreams annehmen. Der englische Bariton Roderick Williams, der auch als Komponist hervorgetreten ist, zelebriert die Gesellen-Lieder. Für eine sehr deutliche Artikulation gibt er einiges an Ursprünglichkeit und den volksliedhaften Ton. Erst zum Schluss hin wirkt sein Vortrag etwas gelöster. Dem Timbre nach passt er aber sehr gut.
Das Lied von der Erde will auch gesungen sein, zumal die Konkurrenz wie bei dem vorangegangenen Zyklus ebenfalls überwältigend ist. Stünde da nicht der Name Schoenbergs mit auf dem Programm, die Produktion hätte es nicht leicht. Sie bezieht ihre Wirkung aus dem Arrangement, wenngleich der Einsatz eines Flügels etwas verstörend wirkt. Ansonsten aber bekommt die kleine Besetzung dem schwermütigen Stück von Abschied und Vergänglichkeit sehr gut. Charles Reid, vor allem als Mozart-Sänger erfolgsverwöhnt, stemmt die hohe Lage und bleibt in der Ausdeutung der Texte zu flach und allgemein. Bei der britisch-kanadischen Mezzosopranistin Susan Platts mit dem schönen samtigen Ton fällt die Neigung zum Tremolieren auf. In ihren Liedern kann es aber durchaus als Ausdrucksmittel durchgehen.
In der originalen Fassung mit Klavierbegleitung durch Alfredo Perl hat Gerhild Romberg die Rückert-Lieder, die Lieder eines fahrenden Gesellen und die Kindertotenlieder eingespielt. Sie sind bei MDG erschienen (903 1972-6). Dieses Label wirbt damit, dass „alle Einspielungen … in der natürlichen Akustik speziell ausgesuchte Konzerträume aufgezeichnet“ werden. Verzichtet würde auf „jede klangverändernde Manipulation mit künstlichem Hall, Klangfiltern, Begrenzern“. Dies verstehe sich für ein audiophiles Label von selbst. „Das Ziel ist die unverfälschte Wiedergabe mit genauer Tiefenstaffelung, originaler Dynamik und natürlichen Klangfarben.“ Nachzulesen ist diese sympathische Selbstverpflichtung im Booklet, das auch alle Texte enthält. Man ist geneigt, vom Bio der Aufnahmetechnik zu sprechen. Der Klang wirkt zunächst etwas trocken. Mit der Zeit aber tut er dem Ohr gut, weil er so sanft ist. Mit ihrem ruhigen und in den Lagen ausgewogenen Mezzo bringt die Sängerin, die ausschließlich bei Konzerten in Erschienung tritt, die günstigsten Voraussetzungen für das Verfahren mit. Eine rundum geklungene Produktion. Barbara Ranke