David Chandler hat zwei interessante Bücher über Alfredo Catalani herausgegeben – Alfredo Catalani: Composer of Lucca und The First Lives of Alfredo Catalani. Hauptsächlich dreht es sich um manchmal lange, aus dem Italienischen übersetzte Artikel von Catalanis Zeitgenossen, geschrieben aus Anlass seines Todes oder eines Gedenkens viele Jahre später. Wo nötig hat Chandler diese Artikel annotiert, weil die Autoren manchmal diskret blieben, denn viele Hauptdarsteller aus dem Leben Catalanis lebten noch dreißig oder vierzig Jahre später. Nach der Lektüre dieser zwei Bücher erhält man ein neues und vollständigeres Bild des Komponisten. Verdi war am Anfang sein größter Feind. Für den Wagnerbewunderer Catalani ist er nur ein zweitrangiger Komponist, der vor allem viel der Politik zu verdanken hatte. Viele italienische Kritiker und Musiker stuften bis in die zwanziger Jahre Catalani höher als Puccini ein. Es ist kein Zufall, dass Toscanini die Namen seiner Kinder (Wally und Walter) in den Opern Catalanis gefunden hat. Man nahm manchmal Giulio Ricordi übel, dass er Catalani fallen ließ und Puccini bervorzugte, aber die Geschichte hat nun mal bewiesen, dass der jüngere Lucchese ein viel größerer Musiker war. Auffällig ist die Tatsache, dass manche jetzt obskure Titel am Anfang viel bekannter waren und mehr gespielt wurden als La Wally. Fünfundzwanzig Jahre nach seinem Tode erzählt ein Bekannter des Komponisten detailliert von den traurigen letzten Monaten seines Lebens. Chandler publiziert schon eine vollständige Diskografie (dank Bongiovanni sind auch weniger bekannte Stücke aufgenommen) im ersten Buch und lässt einen Kenner im zweiten Teil die historische Bedeutung der Arien besprechen. Und doch bleibt der Leser unbefriedigt. Zu viele der originellen Texte überlappen sich, auch wenn die Details unterschiedlich sind. Der erste Teil enthält eigentlich drei Biographien. Der zweite Teil ebenso, aber mit interessanten Neuigkeiten. Nach 332 Seiten fragt sich der Leser, warum Chandler, wenn er schon über alle diese Texte verfügt, sich nicht bemüht hat, eine eigene vollständige Biographie zu schreiben, so dass diese vielen Wiederholungen hätten vermieden werden können (Durrant Publishing ISBN 978-1-905946-09-9 und 978-1-905946-26-6).
Jan Neckers