So hat es der Gestalter des Covers von Von Aida bis Zauberflöte sicherlich nicht gemeint: Ein befrackter Opernsänger schleudert den Namen der Autorin Dorle Knapp-Klatsch in das Auditorium, aus dem die letzten drei Hörer in Panik die Flucht ergreifen – und genau so ergeht es dem Leser, der das Buch studiert, das doch angeblich „locker und humorvoll“ und „akkurat und kenntnisreich“ über 55 „der populärsten Opern“ berichten soll.
Fangen wir an bei „populär“, was sicherlich weder Schönbergs „Die glückliche Hand“, noch Thomas „Draußen vor der Tür“, noch Vollmers „Gegen die Wand“ noch Czernowins „Pnima“, noch Denisovs „Schaum der Tage“, noch Andrés „Wunderzeichen“ sind.
Fahren wir fort mit „akkurat und kenntnisreich“, was zu sein bei einer so populären Oper wie „Aida“ keine große Herausforderung sein dürfte. Diesem Werk werden sogar zwei unterschiedliche Artikel, eine Kurzfassung und eine „ausführliche“, gewidmet. Doch beide wimmeln von Ungenauigkeiten und Fehlern. Da tummelt sich neben Radames (richtig) auch mal ein Radamis (falsch), sogar ein Ramades (falsch). Falsch ist ebenfalls, dass man bei den Ägyptern weiß, dass der Vater Aidas der König der Äthiopier ist, dass Amonasro im Nilakt „auf den ersten Blick erkennt“, dass Radames Aida liebt ( dieser kommt erst nach dem Duett Vater-Tochter auf die Bühne), dass Pharao und Amneris im Nilakt gemeinsam beten (das ist Ramfis), und nicht der Pharao, sondern der Priester leitet die Gerichtsverhandlung gegen Radames. So wimmelt es von Ungenauigkeiten, was nicht dadurch wettgemacht wird, dass die Aufzählung des Personals der Oper gleich dreifach erfolgt.
Nach diesem Einstieg in das Buch hat man bereits jede Lust verloren, sich weiter mit ihm zu beschäftigen, unternimmt aber aus Pflichtgefühl noch ein paar weitere Versuche. Wie steht es um Tannhäuser? Hier staunt man nicht schlecht, wenn der Einzug des thüringischen Adels mit Ascot verglichen wird – gibt es da einen Einmarsch? Angeblich soll Tannhäuser nach seinem Lob der Venus gebannt von den Adligen werden, das hätte nur der Papst vollziehen können, nicht einmal die Acht bedroht ihn, sondern die empörten Sängerkollegen trachten ihm nach dem Leben. Ganz schlimm wird es mit der Nacherzählung des Schlusses, wenn nicht die aus Rom kommenden Nachzügler mit dem grünenden Stab des Papstes in die Heimat zurückkommen, sondern denselben von der Wartburg nach Rom bringen wollen.
Das Schicksal einer völlig missverstandenen Oper teilt der Tannhäuser mit dem Holländer, der nach Ansicht der Autorin nur durch eine Frau erlöst werden kann, die für ihn in den Tod geht. Stimmt nicht, sie muss nur treu bis in den Tod sein. Da hätte die Inanspruchnahme eines Reclam-Opernführers geholfen, viele Missverständnisse zu vermeiden.
Es gelingt der Verfasserin also nicht einmal, den Inhalt der von ihr gewählten Opern korrekt nachzuerzählen. Das wäre wohl notwendig, um „Anfänger“ auf die richtige Bahn der Opernbegeisterung zu leiten. Schlimm sieht es aber auch mit dem Umgang mit den ebenso angepeilten „Liebhabern“ aus. Denen sträuben sich die Haare, wenn sie lesen, dass Puccini nach dem Misserfolg der ersten Fassung von Butterfly diese „geringfügig“ umschrieb. Welch ein Irrtum, wo er doch das Werk aus einer zweiaktigen, in eine dreiaktige Fassung umkomponierte und ein großes Manko der ersten Fassung, das Fehlen einer Tenorarie, mit „Addio, mio fiorito asil“ korrigierte.
Kommen wir zum angepriesenen „locker und humorvoll“. Das könnte man auch flapsig sich anbiedernd nennen, wenn man Wendungen wie Amneris ist „ausgebootet“, Puccini erlitt einen „Bauchklatscher“, „Ortrud päppelt Telramund wieder auf“, „ Butterfly klammert sich an den Strohhalm und verbeißt sich darin“ zu Rate zieht.
Es wimmelt von Stilblüten, aber auch der Historiker oder Soziologe gewinnt wertvolle Einblicke, so in das Leben der Pariser Gesellschaft in Verdis „La Traviata“. Da steht: „Sie ( Damen wie Violetta) werden geduldet, denn die Gesellschaft kann sichergehen, dass sie sich nicht vermischen. Aus diesem Grunde werden sie auch „Halbweltdamen“ genannt- sie gehören nur zur Hälfte dazu“. Das ist wohl wahr, denn schließlich vermischt sich Violetta nicht mit Flora. Und was mit einer „ewige(n) Sisyphusarbeit, die ein Künstler ständig vor und hinter sich hat“, gemeint ist, bleibt wohl für immer ein Rätsel.
Wo man das Buch auch, bis zum letzten Moment hoffnungsvoll, aufschlägt, es springen dem verdutzten und zunehmend verärgerten Leser Fehler, Ungenauigkeiten, Stilblüten entgegen und verleiden ihm das Lesen. „Auf den Punkt gebracht“ werden sollten die geliebten Werke, doch in Knapp-Klatsch-Manier werden sie zu Karikaturen ihrer selbst (Books on Demand; ISBN 978 3 750424241). Ingrid Wanja