Glamour mit Licht und Schatten

 

Das Gärtnerplatztheater in München ist hundertfünfzig geworden. Gefeiert wurde das Jubiläum jedoch außerhalb, weil das Haus saniert wird. Ein vergrößerter Neubau ersetzt das Bühnenhaus, Betriebs- und Proberäume entstehen ebenfalls neu. Auf den modernsten Stand werden die technischen Anlagen gebracht. Begonnen haben die Arbeiten im Mai 2012, abgeschlossen sollen sie Ende 2016 sein. So steht es schwarz auf weiß in dem Buch „150 Jahre Gärtnerplatz Theater“ von Stefan Frey, erschienen bei Henschel. Ob das zu schaffen ist, fragt sich derzeit die lokale Presse in München. Kulturbaustellen haben in Deutschland nicht den besten Ruf. In Berlin

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muss die Eröffnung der Staatoper Unter den Linden immer wieder verschoben werden, in Hamburg kommt der Bau der Elbphilharmonie nicht so voran, wie ursprünglich gedacht. In München geht bekanntlich vieles schneller als im Rest der Republik. Warten wir also ab.

Gärtnerplatz Theater BuchDas Buch, repräsentativ in seinen Ausmaßen, seiner Gestaltung und in seinem Inhalt, will nicht in die Zukunft schauen, es zieht Bilanz, dokumentiert ein spannendes Kapitel Theatergeschichte. Nur zum Schluss hin, im Epilog, wagt Michael Stallknecht einen Ausblick indem er mit den „Erfolgen eines Hauses wie der Komischen Oper in Berlin“ liebäugelt, wo Intendant Barrie Kosky das dritte Berliner Opernhaus in den letzten Jahren „elegant in dem Spannungsfeld zwischen avanciertem Opernhaus und Unterhaltungstheater“ positioniert habe, in dem sich auch das Gärtnerplatztheater bewege – kommt aber alsbald zu der Erkenntnis, dass „München nicht Berlin“ sei und es auch nicht werden solle. Gut so.

Eröffnet wurde das Haus am Gärtnerplatz, der noch immer eine gesuchte Adresse im Zentrum Münchens ist, am 4. November 1865. Es sollte ein Bürgertheater sein, „nicht höfischer Repräsentation verpflichtet“, wie es in dem Buch heißt. Die Genehmigung war eine der ersten Amtshandlungen des jungen Königs Ludwig II. Er stimmt allerdings nur unter den Bedingung zu, dass Oper, Ballett und klassische Dramen ausgeschlossen und dem Nationaltheater vorbehalten blieben. Mit einer List, die typisch bleiben sollte für das Haus, wurde dieses Gebot schon bei der Einweihung dahingehend unterlaufen, dass aus Offenbachs opéra bouffe Salon Pitzelberger ein Operetteneinakter als „heitere musikalische Soiree in der Vorstadt“ wurde. In Anlehnung daran wird das Stück zum Gründungsjubiläum wieder in den Spielplan genommen und hat am 14. Januar 2016 in einer der Ausweichspielstätten des Gärtnerplatztheaters, der Reithalle an der Heßstraße, Premiere.

Die übersichtliche Anordnung macht die Lektüre leicht. So ein Buch dürfte niemand entschlossen von Anfang bis Ende durchlesen wie einen Roman. Es ist auch ein Bilderbuch, sinnlich und aufwändig gestaltet, vollgepackt mit hinreißenden Fotos von Künstlern und aus Aufführungen, Innen- und Außenansichten, Theaterplakaten, Bauzeichnungen. Ein kurzer Blick in Schmuddelecken wie die Herrentoilette und das gusseiserne Waschbecken für Orchestermusiker im Jahr 1937 bleibt auch nicht aus. Alles in allem ist dieser Bildband ein Triumph der Ästhetik klassischer Buchgestaltung. Schön, dass es so etwas noch gibt! Es zieht den Betrachter und Leser hinein in eine Welt, die unwiederbringlich untergegangen ist, verhilft aber auch der Gegenwart mit ihren völlig neuen Herausforderungen zu ihrem Recht. Niemals verfallen die Autoren in Klagen darüber, dass früher alles besser war. Es war nur anders, anders schön, anders schwierig. Und doch kommt Wehmut auf. Soll es auch. Einmal dabei gewesen sein, wenn Deliy Trexler als Herzogin von Chicago in ganz großer Theaterrobe aufrauschte, Alfred Jerger als Kreneks Jonny aufspielte, Richard Tauber seinen unwiderstehlichen Schmelz verabreichte, stimmlich genauso viele Tränen vergoss wie das Publikum und Magda Schneider noch frivol war. Wie ein Schwamm sog das Theater in sich auf, was Rang und Namen hatte. Und es hatte meistens Glück mit seinem Intendanten. Es konnte nur erfolgreich funktionieren, weil im Hintergrund ganze Heerscharen von Frauen und Männern wirkten und wirken, deren Namen auf keinem Programmzettel stehen. Auch sie wurden in dieser Chronik nicht vergessen und kommen sogar ins Bild.

Das Haus am Gärtnerplatz ist ein klassisches Rangtheater mit Balkon und drei Rängen. Foto im Ausschnitt © Ida Zenna

Das Haus am Gärtnerplatz ist ein klassisches Rangtheater mit Balkon und drei Rängen. Foto im Ausschnitt © Ida Zenna/ Gärtnerplatztheater

Es scheint, als hätten sich die sechzehn Autoren der einzelnen Kapitel, die im Wesentlichen durch die historische Abfolge der Geschichte geprägt sind, auch stilistischen aufeinander abgestimmt. Bei aller Sachbezogenheit schreiben sie flott und unterhaltsam. Das Mitteilungsbedürfnis ist groß. Es wurde spürbar Wert darauf gelegt, möglichst jeden Satz mit Fakten vollzupacken, damit auch ja nichts ausgelassen bleibt, was sich in diesen 150 Jahren zugetragen hat – zwei verheerende Weltkriege, Sturz der Monarchie, die fragile Demokratie der Weimarer Republik mit ihrem grellen Unterhaltungsbedürfnis, die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten, der das deutsche Judentum zum Opfer fiel, die Bombardierung, der entschlossene Neubeginn, das Wirtschaftswunder. Alle diese Ereignisse berührten auch das Theater, das beim letzten Bombenangriff auf München am 21. April 1945 schwer getroffen wurde. Haus und Ensemble waren Teil dieser wechselvollen Geschichte – als Oper und auf der Seite der Täter. Es läuft einem noch heute ein kalter Schauer über den Rücken beim Blick auf ein teilweise faksimiliertes Fotoalbum, das den Besuch des Ensembles im KZ Dachau im Juni 1941 dokumentiert und den „lieben Künstlern“ den schriftlichen Dank des SS-Kommandanten für „einen frohen und heiteren Nachmittag“ einbrachte.

Als akribische Fleißarbeit entpuppt sich die aussagekräftige Aufführungschronik des Theaters durch Elke Schöniger und Thomas Siedhoff. Sie listet alle Stücke auf, die unter den jeweiligen Direktoren und Intendanten gegeben wurden, von 1865 bis heute. Die Fülle ist überwältigend. Eine Premiere jagte die andere. Über die meisten Stücke ist das Gras des Vergessens gewachsen. Nicht selten lassen allein die Titel ahnen, wie frivol, frech und es zugegangen sein muss in der einstigen Vorstadt. Der Druck, das Publikum mit immer neuen Angeboten bei Laune halten zu müssen, scheint enorm gewesen zu sein. Mit den Jahren nimmt die Menge der Produktionen ab. In Zeiten der Not ebenfalls. Vornehmlich mit Operetten marschierte das Theater ohne Pause durch den Ersten Weltkrieg. Spielpläne aus der Endzeit des Hitlerfaschismus lesen sich heute unfreiwillig grotesk: Gitta. Eine Fahrt ins Blaue von Carl Heinz Rudolph und Paul Thieß, Der Liebling des Welt von Richard Bars und Christof Schulz-Gullen (1942), Lisa, benimm doch! von Peter Fabricius, Ernst Friese und Rudolf Weys (1943), Moral von Ludwig Thoma (1944) und – als letzte Vorstellung Der Nibelungen Not von Max Mell als Gastspiel des des Staatsschaupiels, dessen Spielstätte bereits den Bomben zum Opfer gefallen war. Vor Beginn des Umbaus im Mai 2012 gab es kaum mehr als zwölf Produktionen in der Spielzeit. Im Jahr nach der Eröffnung des Hauses waren es gut zehnmal so viele, wobei zu berücksichtigen ist, dass an manchen Abenden oft zwei Stücke hintereinander gegeben wurden. Rüdiger Winter

Stefan Frey: Dem Volk zur Lust – 150 Jahre Gärtnerplatz Theater, Henschel, 256 Seiten, zahlreiche Abbildungen, ISBN 978-3-89487-784-2. Das Foto oben (Ausschnitt / © Maren Bornemann) zeigt das Theater, das derzeit umgebaut wird, bei Nacht. Es wurde uns ebenso freundlicherweise wie das Bild aus dem Zuschauersaal vom Staatstheater am Gärtnerplatz zur Verfügung gestellt.