Die Skandalsängerin der Viktorianer

Der gewichtige 1. Band der monumentalen zweiteiligen Emily-Soldene-Biography.

Der gewichtige 1. Band der monumentalen zweiteiligen Emily-Soldene-Biography.

Das neueste Buch des anglo-amerikanischen Operetten-Gurus Kurt Gänzl (Autor der legendären Encyclopedia of the Musical Theatre) beschäftigt sich mit einer der faszinierendsten Sängerin des Viktorianischen Zeitalters: Emily Soldene, hier oben als Schöne Helena mit viel Beinfreiheit zu sehen.

Gänzls Liebeserklärung an die Dame mit dem Titel Emily Soldene: In Search of a Singer wurde von einigen englischen Kritikern bereits als die „monumentalste Biografie, die jemals über eine Opernsängerin geschrieben wurde“ gefeiert. Das Werk in zwei großformatigen Bänden von je 750 Seiten ist in der Tat ein „Monument“, nicht nur wegen des Umfangs und den fast 1.000 Fotos. Es ist auch ‚monumental’, wie Gänzl in die Tiefe des Themas taucht. Es ist ja auch ein sehr faszinierendes Thema. Dass Emily Soldene, die eine außergewöhnlich erfolgreiche Karriere als Opernsängerin hatte, ebenso im Bereich Music Hall und Burlesque als Theaterdirektorin und Produzentin tätig war, die Star in einigen der legendärsten Premieren der Epoche im Bereich opéra-bouffe war (u.a. mit Offenbach-Partien), die selbst Bücher schrieb, Journalistin war und kritischer Spiegel fürs Schaffen anderer namhafter Künstler, dass diese Dame im 21. Jahrhundert völlig in Vergessenheit geraten konnte, verwundert. Aber dank Kurt Gänzl wird sich daran nun etwas ändern.

Der zweite Band der Soldene-Biographie.

Der zweite Band der Soldene-Biographie.

Die zwei Bände seiner Biografie enthalten nicht nur eine detaillierte Beschreibung von Soldenes schillerndem Leben und ihrer Karrieren, sondern – wie der Untertitel andeutet – Gänzl beschreibt auch seine eigene, fast 20 Jahre währende Suche nach den verlorenen (absichtlich verloren gegangenen!) Fakten ihrer Karriere. Daraus ergibt sich eine Art „Da Vinci Code“ der Musiktheatergeschichte. Diejenigen, die Gänzls Schreibstil aus seinen diversen Büchern zu Operette und Musical kennen, wissen, dass er niemals trocken oder akademisch unverständlich erzählt, sondern immer in dem ihm eigenen locker-persönlichen Tonfall, gewürzt mit reichlich skandalösen Sexstories. (Die einen Einblick ins Leben hinter den prüden Kulissen der Zeit geben.)

In seinem neuen Buch werden Emily Soldene, ihre Freunde, Kollegen, Familie und das ganze Panorama des Viktorianischen Theaterbetriebs lebendig – in sprachlichem Technicolor.

Und das ist, in der Tat, eine „monumentale“ Leistung. Kurz: Ein Fun-und-Fakten-Buch, das jeder, der sich mit der Geschichte des Musiktheaters interessiert, lesen sollte. Am einfachsten sind die zwei Bände direkt beim Verlag in Neuseeland zu bestellen, über Kurt Gänzl selbst (ganzl@xtra.co.nz; Porto inbegriffen).
Kevin Clarke

 

Kurt Gänzl: Emily Soldene: In search of a singer, 1.562 Seiten, Steele Roberts, Neuseeland 2007, 390 NZ Dollar.