Wagners Fixierungen

 

Wohl galt Richard Wagners Interesse bis zu seinem Tode dem anderen Geschlecht und der Sexualität, die er wohl eher als Eros bezeichnet hätte, denn seine letzte, unvollendet gebliebene Arbeit war ein Aufsatz über Das Weibliche im Menschlichen. Nicht nur diese Tatsache hat den dänischen Autor, Rechtsanwalt und Übersetzer Henrik Nebelong in seinem Buch Liebesverbot! Sex und Antisex in Wagners Dramen (2013 erstmals in Dänisch und nun bei der Dresdner Edition Freiberg) zu den recht apodiktischen Ausführungen über des Komponisten Opern veranlasst, die darin gipfeln, dass trotz des alles andere aussagenden Librettos zum Parsifal im Gral das weibliche und im Speer das männliche Geschlechtsorgan zu sehen seien. Letzteres begegnet uns auch im plötzlich mit frischem Grün bedeckten Stab des Papstes in Tannhäuser. Dem aufmerksamen Leser hätte bereits beim Titel auffallen müssen, dass das Ausrufezeichen, die Vokabel „Sex“ in diesem Zusammenhang und der Begriff Drama anstelle von Oper oder Musikdrama ein besonderes Buch über Wagner erwarten lassen. Sympathisch berührt es allemal, dass der Verfasser sich selbst zur Einseitigkeit seiner Betrachtungsweise bekennt, dass er die seine als nur eine unter anderen möglichen ansieht.

Die Wagner-Kenner nicht überraschende Essenz des Buches besteht darin, dass nach Meinung des Autors alle Werke Wagners die Sexualität zum Thema haben, was als etwas Revolutionäres angesehen wird. Allerdings scheint in dieser Hinsicht Wagner so umstürzlerisch nicht zu sein, denn ersetzt man Sex durch Liebe, dann wird klar, dass es auch vor Wagner kaum eine Oper gab, in der dieses Thema nicht im Mittelpunkt stand, allerdings die Widerstände, die sich der Liebeserfüllung entgegenstellen, bei Wagner durchaus Überraschendes bieten. Nebelong sieht in Wagners Werk durchgehend vom Puppenspiel Leubold und Adelaide bis zum Parsifal den roten Faden, dass hier Biographisches verarbeitet wurde: die verbotene Liebe zur Schwester Rosalie, die sich in Sieglinde oder Elisabeth, und zu Mathilde Wesendonck als Protagonistin, die sich in Isolde wiederfindet, also das Liebesverbot darstellt. Das Thema Inzest sieht er auch im Verhältnis oder eher Nichtverhältnis zwischen Parsifal und Kundry, die zugleich Herzeleide ist. Auch in der Liebe Irenes zu ihrem Bruder Rienzi entdeckt der Autor inzestuöse Züge. Immer wieder kehrt auch der fordernde oder verbietende Vater als Bühnenfigur auf, das zweite Motiv, das eigentlich, betrachtet man das Verhältnis Wagners zu seinem Stiefvater, sich nicht auf biographische Hintergründe stützen kann, und außerdem König Marke, der als ein Beispiel angeführt wird, nicht in dieses Schema passt. Aber neu ist dies alles nicht!

Der Autor betont mehrfach, dass Wagner ein Meister des Symbolismus, Vollender der Romantik sei, deshalb auch die Libretti nicht wörtlich zu nehmen seien. Andererseits werden immer wieder Parallelen zwischen der Handlung der Opern und Geschehnissen in Wagners Leben aufgezeigt, so wenn er die Frage Siegfrieds nach dem Aussehen seines Vaters Wagner selbst zuordnet, von dessen früh verstorbenem wahrscheinlichem Erzeuger es kein Konterfei gab. Auch weiß er den weiblichen Bühnenfiguren durchaus Vorbilder aus Wagners Biographie zuzuweisen, so Minna als verführerische Venus darzustellen. Wenn der Autor allerdings meint, Wagner sei der erste Komponist, der als sein eigener Librettist einen großen Wert auf „den Blick von innen“ auf das Werk legte, dann wertet er wohl einen Künstler wie Verdi ab, dessen Ringen um geeignete Libretti bekannt ist.

Ausführlich wird auch auf die frühen Werke Wagners eingegangen, die sämtlich zumindest auf eines der drei Themen verbotene Liebe (oder Verzicht auf die irdische zugunsten einer „himmlischen“ Liebe), Inzest und verschollener, aber trotzdem präsenter Vater zurückgehen. Bei den späteren Werken ist es dem Autor hoch anzurechnen, dass es auch Interpretationen der Musik, gestützt auf einen umfangreichen Notenanteil am Schluss des Buches, gibt. Ein aufschlussreicher Anmerkungsteil und ein Literaturverzeichnis vervollständigen das Buch. Ist Lohengrin wirklich Gottfried, der mit Elsa schlafen will? Nicht jedem Leser wird diese Möglichkeit einleuchten, und der Autor findet für seine Deutung selbst das Hindernis in dem gleichzeitigen Erscheinen beider auf der Bühne. Die Unvereinbarkeit von „normalem Eheleben mit einer künstlerischen Berufung“ dürfte nicht das grundsätzliche Problem für den Gralsritter sein. Wie bei Lohengrin gibt es auch bei den Interpretationen der anderen Werke Richard Wagners interessante und bedenkenswerte Ansichten und solche, die dem Wunsch des Autors entsprungen zu sein scheinen, auf Teufel komm heraus Sexuelles in den oben genannten Formen auszumachen. So ist der gestrichene Vers aus der Gralserzählung sicherlich sehr

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aufschlussreich. Dem historisch Gebildeten wird auffallen, dass Nebelong eine „gerechte“ Einschätzung der Wartburggesellschaft schwer fällt; auch dürfte, wenn man an des Landgrafen Worte zu Elisabeth denkt, „kalt und heuchlerisch“ nicht die angemessene Einschätzung sein.

Das Buch ist chronologisch aufgebaut, und so steht das Kapitel „Siegfrieds Tod“ weit vor dem über den Ring. Verdienstvoll ist hier die Gegenüberstellung mit der Götterdämmerung, sehr knapp fällt später der Vergleich zwischen marxistischer und psychologischer, das heißt Wagners, Betrachtungsweise aus. Mit dem Ring sieht der Verfasser einen Wandel in Wagners Wertung des Liebesverzichts. Leitete dieser den Mann zunächst in höhere Gefilde des Daseins, so führt er ihn nun zum Machterwerb. Natürlich bieten sich für die Intentionen des Autors viele bisher vernachlässigte Deutungen an wie der Feuerkranz um den Felsen als Vagina, ein Ödipuskomplex für Siegfried, Brünnhilde, die Siegfried nicht lieben, sondern besitzen will, eine völlige Demontage der Siegfriedfigur. Wenn allerdings davon ausgegangen wird, dass Sieglinde und Siegmund wie Siegfried und Brünnhilde ihre erotische Liebe im Jenseits ausleben können, fragt man sich, wo das denn nach der Zerstörung Walhalls stattfinden könnte. Die Begeisterung für seinen Stoff und dessen Deutung lässt den Autor manchmal über ein im Bereich des Möglichen liegendes Ziel hinausschießen. Anders sieht es wohl mit dem „doppelten Selbstportrait“ aus, das Wagner im Liebe und Kunst miteinander verbindenden Stolzing wie im sublimierenden Sachs entworfen haben könnte. Der Ring der Rezension schließt sich mit Parsifal, in dessen dritten ( nicht zweiten Akt, wie es im Buch steht) Akt ein „symbolischer Sexualritus“ vollzogen werden soll mit der Zusammenführung von Schale und Speer. Und weil dem Verfasser dann auch einmal der hohe Anspruch seines Werks zu viel wird, gibt es Sätze wie: „Der Held hat Wichtigeres zu tun, als bei seiner neugierigen Gattin zu bleiben“, was sich allerdings auf Sohn Lohengrin bezieht. Das Buch endet mit Fragen, was immer ein gutes Zeichen ist, und es gibt dem Leser viele Anregungen, sich mit Wagner zu beschäftigen, dem Autor zuzustimmen oder ganz anderer Meinung zu sein (Edition Freiberg; ISBN 978-3-943377-46-0). Ingrid Wanja

Henrik Nebelong/Foto Edition FreibergZu Henrik Nebelong (Foto vom Umschlag der Edition Freiuberg) heißt es im Klappentext: „Der Autor Henrik Nebelong (geb. 1944 in Kopenhagen) ist Rechtsanwalt und war bis 2006 Seniorpartner in einer Dänisch-Deutschen Anwaltskanzlei mit Niederlassungen in Kopenhagen und Berlin. Er war 1999 – 2000 Chef de Mission für Avocats sans Frontières in Kosowo. Nebelong hat vom Fliegenden Holländer bis zum Parsifal sämtliche Musikdramen Wagners ins Dänische übersetzt und kommentiert. Sein 2008 erschienenes Werk Richard Wagner: Liv. Værk. Politik. (R.W.: Leben. Werk. Politik.) ist die erste große dänische Wagnerbiografie seit einem Jahrhundert. Liebesverbot! Sex und Antisex in Wagners Dramen ist sein erstes Buch auf Deutsch.“

Details zum Verlag und zum Autor im Internet zu finden erfordert eine Pfadfinderausbildung. Über Henrik Nebelong gibt es einige Artikel in Dänisch aus jüngerer Zeit anlässlich seiner Beschäftigung mit Wagner, die sich in einer Reihe von dänischsprachigen Büchern niedergeschlagen hat. Die in Dresden angesiedelte Edition Freiberg ist nur mit einem heraldischen Wappen auf ihrer Website vertreten – ein Sortiment ihrer Bücher muss zusammengesucht werden. Das reicht von „Verschenkte Gefühle“ und „Die Gedanken sind frei“ von Erika Seidenbecher bis zu Kyril Wasows „Lehre zum Elektroniker an der Bergakademie Freiberg“. Sich selbst bezeichnet die Edition Freiberg als den „Verlag für junge Autoren und Junggebliebene“.

Das Nachfolgende findet sich auch auf der website der Dänischen Botschaft Berlin, wo der Autor am 22. Juni 2015 – neben anderen Locations, so am 01. August 2015 in Bayreuth in der Markgräflichen Buchhandlung – eine Lesung gab: „Liebesverbot! – Sex und Antisex in Wagners Dramen: Richard Wagner war nicht allein ein großer Komponist. Er war auch ein großer Dramatiker. Sex ist ein durchgängiges Thema in seinen Werken. Wagner sieht die sexuelle Begierde mal als bindende Kraft, mal als eine peinigende Verbannung. In seiner Werken nimmt er den Kampf mit der Bigotterie der bürgerlichen Gesellschaft und seinen eigenen auf einmalige, originelle Weise auf. In symbolhafter und häufig surrealer Formsprache. In „Liebesverbot!“ sammelt der dänische Wagner-Kenner Henrik Nebelong die Fäden seiner lebenslangen Wagner-Analysen zusammen. Das Programm wird begleitet durch Wagner Stücke der Pianistin Natalia Volchenko. Der Abend wurde in Zusammenarbeit mit dem Richard-Wagner-Verband Berlin-Brandenburg e.V. organisiert.“ (Wenn Sie Fragen zu „Liebesverbot! – Sex und Antisex in Wagners Dramen | Lesung mit Musik“ haben, wenden Sie sich an KÖNIGLICH DÄNISCHE BOTSCHAFT BERLIN – Nordische Botschaften Felleshus.)