Karajan aus der Nähe

Bis zu seinem Tod im Januar dieses Jahres beschäftigte sich der Wiener Opern- und Musikkritiker Karl Löbl intensiv mit der Person Herbert von Karajans. Seine finalen Betrachtungen und Reminiszenzen an den weltberühmten Dirigenten sind bereits seine insgesamt dritte Publikation über Karajan. Bereits Mitte der 60er-Jahre erschien das Buch “Das Wunder Karajan“, gut zehn Jahre später legte er eine erweiterte und aktualisierte Taschenbuchausgabe mit einer bemerkenswerten Korrektur im Titel vor.

Der vorliegende Band, erst unmittelbar nach dem Tod des Doyens der österreichischen Musikkritik erschienen, enthält natürlich viel Bekanntes, baut im Wesentlichen auch auf den Vorgänger-Publikationen auf. Trotzdem ist der retrospektive Ansatz nicht ohne Reiz, kann man doch in der Rückschau deutlich erkennen, dass Karajan bei aller Exzentrik viele Entwicklungen der Hochkultur und ihrer Vermarktung schon frühzeitig erkannt und daher mit eingeleitet hat. Die Festspielidee an sich wurde natürlich nicht von ihm erfunden, aber er kreierte mit den Salzburger Osterfestspielen doch einen neuen Typus, dessen zentraler Punkt die Fokussierung auf eine einzelne künstlerische Persönlichkeit war, und die man als Vorläufer der heutigen, unsäglichen Eventkultur sehen kann. Vorweggenommen hat er auch das Wandern einzelner Opernproduktionen über mehrere  Bühnen, und den inzwischen weit verbreiteten Stagione-Betrieb.

Karajan galt allgemein als verschlossen und schwierig, sein Verhältnis zur Presse als problematisch. Karl Löbl hat es als einer der wenigen Journalisten verstanden, das Vertrauen des Maestro zu gewinnen, war er doch für seine Diskretion und Loyalität bekannt – für einen Journalisten eher ungewöhnliche Tugenden. Die zahlreichen mit Karan geführten Interviews, aber auch vertrauliche Gespräche sind die Basis dieser Aufzeichnungen, die speziell die späte Krise mit „seinen“ Berliner Philharmonikern, die einsetzenden körperlichen Gebrechen, und schließlich Tod und Beisetzung thematisieren. Löbls persönliche Nähe zu Karajan lässt dieses Buch so authentisch erscheinen, und doch: Löbl bleibt sich treu, er gibt mit Sicherheit nicht alles preis, was er weiß. Eine Reihe von weitgehend unbekannten Bild-Dokumenten ergänzen den lesenswerten Text. Ein nicht unwichtiger Beitrag zur Karajan-Literatur!

Peter Sommeregger

Karl Löbl: „Ich war kein Wunder!“ Herbert von Karajan – Legende und Wirklichkeit, Seifert-Verlag Wien, 168 Seiten, ISBN 978-3-902924-20-9

  1. Geerd Heinsen

    weiteren kommentar lassen wir nur zu, wenn die email-adresse auch antworten zulässt – anonyme zusendungen werden nicht berücksichtigt. und bitte keine weiteren beschimpfungen, die ja noch immer anhalten – ausdrücke wie „stasimethoden“ und so sind einfach keine grundlage für eine diskussion über die künstlerische bedeutung von herbert von karajan, sondern sagen eher etwas über das niveau des schreibenden…/hei

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  2. Geerd Heinsen

    Jeder Kommentar entwertet sich, wenn die angegebene mail-Adresse nicht rückverfolgbar ist. Dieser hier scheint doch eher eine recht persönliche Gift-Attacke zu sein – saure Trauben? Und Karajan als „Scharlatan“ zu bezeichnen sagt mehr über das Urteilsvermögen des Schreibers als über den Verunglimpften… Und nein: Warner reichte nichts herüber, das tut die Industrie seit vielen Jahren nicht mehr – auch da wird gespart ;-). Geerd Heinsen

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  3. klaus

    imVorspan zu Opera Lounge steht Das etwas andere Opernmagazin. Leidenschaftlich und Un abhängig auf solche Beiträge warte ich immer noch, stattdessen lauwarme humorlose Artikel, einzig aus der FEDER VON RW kommt Lesenswertes. was zahlt Warner eigentlich dafür, das der Scharlatan Karajan nun hoch gejubelt wird , entsetzlich.

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