Ist ein Rezensent, wenn auch in geringfügigem Maße in Bild und Wort selbst Objekt eines Buches, sollte seine Kritik besonders vorsichtig und damit besonders gründlich, die Prüfung, was er an Insiderwissen, das über das im Buch Mitgeteilte hinausgeht, preisgibt, besonders penibel sein, mag die Versuchung auch noch so groß sein, als Besserwisser aufzutrumpfen. Es geht um die Lebensbeichte von Maria Margareta Babeanu Moldoveanu mit dem Titel Aluca – La Moglie del Tenore, in rumänischer, französischer und italienischer Sprache bei Evobook.ro (einem Publish-on-Demand/Selbstverlag, auch bei Amazon.de) herausgekommen und zur Zeit ihres Erscheinens schon im Titel ungenau, da die Autorin bereits seit Jahren von dem rumänischen Tenor Vasile Moldoveanu geschieden war. Der Gegenstand des Buches selbst, der Sänger, wird mit gemischten Gefühlen davon Kenntnis genommen haben, dass die Exgattin ihn zwar als „den besten Des Grieux des Jahrhunderts“ und auch sonst allen anderen zeitgenössischen Sängern überlegen darstellt. Es dürfte ihm aber kaum Freude bereitet haben, dass der Erfolg eines Domingo oder Pavarotti von der Autorin dem Geschick „skrupelloser“ Agenten und Manager zugeschrieben wird, das dunkle Andeutungen über Intrigen an der MET zum Grübeln über die Schlechtigkeit insbesondere der Theaterwelt beim Leser provoziert werden. Unschön und zugleich unwahr ist neben vielem anderem auch, was über den Gatten und die Fans von Raina Kabaivanska, der man einiges zu verdanken hatte, geschrieben steht. Die Sopranistin hatte es nie nötig, dass die Bewunderer im Bus angekarrt wurden. Verschwörerisch und gar nicht sympathisch klingt, was die Autorin über den unversöhnlichen Streit mit dem Bruder, das ambivalente Verhältnis zur Mutter mitzuteilen hat, und generell sind die Schuldzuweisungen, ob sie nun das private oder berufliche Leben betreffen, peinlich, besonders wenn triumphiert wird, weil der Fluch, mit dem ein tatsächlicher oder gedachter Feind belegt wurde, seine unheilvolle Wirkung zeigt, so im Verbrennen des Opfers bei lebendigem Leibe. Die Unausgeglichenheit zwischen der Opferrolle, in der sich Aluca Moldoveanu sieht, und dem Gefühl, etwas ganz Besonders darzustellen, sich mit Gatten und Sohn als „Santa Trinità“ zu fühlen, berührt den Leser nicht gerade angenehm.
Zum Interessantesten des Buches gehören die Schilderungen der Verfolgung durch das Ceausescu-Regime, die sich auch nach der Flucht in den Westen fortsetzen, zu klischeehaft, als dass man sie goutieren könnte, sind die Naturbeschreibungen, die den literarischen Kitsch, die Aufzählung von Klischees nicht nur streifen. Ausflüge ins Historische, so der Beginn des Zweiten Weltkriegs, den sie selbst noch nicht erlebt hat, bleiben vage oder sind fehlerhaft, so die Behauptung, erst Bismarck habe Schlesien für Preußen gewonnen, ausführlich wird die eigene edle Herkunft herausgestellt, besonders ein ferner Vorfahre, der dem damaligen rumänischen König nahe stand, gewürdigt. Dass der Vater „un grande seduttore“ war, wird als so bemerkens- wie lobenswert hervorgehoben. „Molto bello“ ist vieles im Leben von Aluca, sie selbst (als Engel mit goldenem Haar beschrieben, obwohl auf allen Fotos der Vergangenheit dunkelhaarig, aber wirklich sehr hübsch), die Roben, die sie trägt, die Autos, die sie fährt, die Hotels, in denen man logiert. Mancher Leser würde vielleicht lieber etwas über die Art der Inszenierungen, in denen der Gatte mitwirkt, über seine Art des Umgangs mit seiner Stimme, seine Interpretation der jeweiligen Rolle erfahren, aber davon gibt es wenig. Stattdessen wird mehrfach erwähnt, dass sich Aluca Moldovanu um alles außer um das Singen kümmern muss, auch um die finanziellen Angelegenheiten, dass der Sänger ihr voll vertraut, und so wird die Schuldzuweisung, er habe sich um keine Lebensversicherung gekümmert, die Klage über finanzielle Probleme gerade angesichts der penibel in einem Anhang aufgeführten unzähligen Vorstellungen, davon zehn Jahre lang regelmäßig an der Met und bei deren Tourneen durch die USA, zur unbeabsichtigten Selbstanklage.
Die Crux ihres Lebens ist die Reaktion ihres Körpers auf Spannungen mit unüberwindbaren Schluckbeschwerden, wie sie besonders intensiv auftreten, als sich die Karriere des Tenors nach ca. dreißig Jahren glanzvollen Wirkens ihrem Ende zuneigt. Wenn Aluca Moldoveanu meint, nach der Trennung von ihr habe der Tenor nicht mehr singen können, ist der Leser geneigt anzunehmen, nachdem seine Karriere zu Ende war, habe sie sich von ihm getrennt. Wie dieser Scheidungsprozess verlief, darüber breitet die sonst so beredte Autorin den Schleier des Schweigens. Dass sie Jahre nach dem schmerzlichen Vorgang mit diesem Buch noch einmal Kapital aus der Beziehung zur „grande, unico e solo amore“ zu schlagen versucht, mag seltsam berühren, so wie die Gestaltung der italienischen Übersetzung voller grammatischer und orthographischer Fehler, auch bei berühmteste Namen, ja Entstellungen den Leser verärgern. Dafür aber wird er mit einem Schwall christlich-buddhistischer Weisheiten überschüttet, in denen die Autorin Trost und Rat gesucht hat und noch sucht. Umfangreich ist der allerdings recht ungeordnete Fototeil, wertvoll die Angaben zu Vorstellungen und die Diskographie (EVO-book ISBN-13: 978 1497392274; Foto oben: Vasile Moldoveanu als Verdis Don Carlo an der Met/youtube). Ingrid Wanja