Leoncavallos „Mameli“

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Mit Nationalhymnen ist es so eine Sache. Sports- und Fußballfans werden manche dieser Melodien von bedeutenden Meisterschaften her kennen, aber kaum wissen, wer die Texte verfasst hat. Das dürfte auch für Italiens „Fratelli d’Italia“, auch „Inno di Mameli“ genannt,  gelten. Musikfreunde können nun mit Wissen punkten, wenn sie Ruggero Leoncavallos Oper Mameli, die gerade bei Bongiovanni veröffentlicht wurde, erwerben.

Denn in ihr geht es um eben jenen Autor der Hymne, den italienischen Dichter, Patrioten und Garibaldianhänger Goffredo Mameli, der 1849 mit nur 21 Jahren bei der Verteidigung der Republik Rom an den Folgen einer Verletzung starb. Natürlich erklingt das Hymnenthema auch mehrmals in der Oper, die 1916 während des ersten Weltkriegs in Genua uraufgeführt wurde. Mit Riesenerfolg, denn Hintergrund des Stücks ist die historische Unabhängigkeitsbewegung Italiens und die Verteidigung der Römischen Republik, was das Publikum zu Recht als Anspielung auf die aktuelle politische Lage verstand – zu diesem Zeitpunkt tobten die Isonzo- Schlachten gegen Österreich und das Land hoffte auf einen Sieg der eigenen Armee.

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Zu Leoncavallos Oper: Der Freiheitsheld Goffredo Mameli/ Wikipedia

Mameli spielt 1848/49 und behandelt zwei romantisch ausgeschmückte Episoden in der Vita des Revolutionärs: seine Flucht aus Mailand während der Märzrevolution, die verknüpft wird mit der Liebesbeziehung zu Delia, der Tochter des Genossen Terzaghi, und seinen Tod während der kämpferischen Auseinandersetzungen in Rom. Leoncavallo zeigt sich in dem 90-minütigen Werk von seiner effektvollsten Seite, die Musik ist geprägt von Pathos, Patriotismus und kämpferischem Geist. Hoch emotionale, melodisch überschwängliche Arien, Duette und Terzette, untermalt von einer stürmischen Orchesterbegleitung, reihen sich pausenlos aneinander und sorgen für eine Dauerspannung. Silvio Frontalini, der sich nicht das erste Mal für unbekanntes veristisches Repertoire einsetzt, ist auch bei Mameli mit Enthusiasmus und Leidenschaft bei der Sache, auch wenn ihm das ukrainische Orchester nicht immer homogen folgt. Antonio De Palma macht als Titelheld vokal beste Figur. Er singt sich ohne Ermüdungserscheinung mit robustem, heroischem Tenor und viel Emphase durch die anstrengende Partie. Lorenzo Battagion als Terzaghi trumpft gleich zu Beginn mit einem flammenden Kampflied auf und lässt auch im weiteren Verlauf die Vorzüge eines kraftvollen Baritons hören. Weniger gut steht es um Natalia Margarit, Proteée/Gattin des Dirigenten und bereits in früheren Aufnahmen durch ihre riskante Stimmverfassung bekannt, deren Sopran von stimmlicher Frische weit entfernt ist. Einige Spitzentöne sind imposant und auch an Durchschlagskraft fehlt es ihr nicht, doch ihre unorganische, unkultivierte Tonproduktion ist mehr als gewöhnungsbedürftig. Das ist umso bedauerlicher, weil der Dirigent nur mit ihr diese vielen spannenden Titel der Opernliteratur eingespielt hat (so Ponchiellis Promessi sposi ebenfalls bei Bongiovanni und andere mehr). Die übrigen Rollen sind Staffage und nur mäßig besetzt. Der reißerischen Wirkung Mamelis tut dies aber keinen Abbruch. Karin Coper

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Ruggero Leoncavallo: Mameli mit Antonio De Palma (Mameli), Lorenzo Battagion (Carlo Terzaghi), Natalia Margarit (Delia), Barbara Vivian (Gräfin Belgioioso), Luciano Grassi (Enrico & Emilio Dandolo/ 1. & 2. ufficiale), Giampaolo Vessella (Luciano Manara/ Un sergente austriaco/ 3. ufficiale); Coro Monti Verdi di Tirano & Coro la Réit di Bormio;  Orchestra Filarmonica Nazionale Ucraina di Donetsk; Leitung: Silvano Frontalini; Bongiovanni GB 2457-2

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Eine vollständige Auflistung der bisherigen Beiträge findet sich auf dieser Serie hier.