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Nur Mascagnis einziger Ausflug zur Operette ist um einen Buchstaben kürzer: Si ist der Name einer Schauspielerin der Folies Bergère, die nicht „nein“ sagen kann oder will. In Maurice Yvains Opérette Yes! handelt es sich um das bedeutungsvolle „Ja“, das dem schönsten Tag im Leben eines Paares das Glanzlicht aufsetzt. Bei Totte und Maxime ist es jedoch ein nüchterner Akt, mit dem man Maxime Gavards Vater, dem neureichen „Nudel-König“ („Il n’est qu’un roi sur terre“), eins auswischen möchte. Der alter Gavard besteht darauf, dass sein Sohn zur Festigung geschäftlicher Beziehungen eine exotische Schönheit aus Valparaiso heiraten solle. Der junge Maxime lebt vom Geld seines einfältigen Vaters und unterhält eine Beziehung zu Lucette de Saint-Eglefin, deren Gatte von dem jungen Charmeur ebenso angetan ist wie Madame. Gemeinsam verfallen sie auf den Plan einer Heirat in England, wo man ohne größere Formalitäten sein „Yes“ vor dem Standesamt sagen und bald darauf lösen könne. Nach vielen frivolen Verwicklungen bleiben Maxime und seine Manikürin Totte zusammen, der Nudel-König erkennt die Liebe der beiden und heiratet selbst die reiche Geschäftsfrau aus Südamerika.
Es ist ein Stoff, aus dem noch in den 1920er Jahren Operetten gezaubert wurden. Auch in Paris, wo Yes! nach dem Bestseller Totte et sa chance von Pierre Solanine und René Pujol am 28. Januar 1928 über die Bühne des kleinen Théâtre des Capucines ging. Die schmale Bühne wurde durch kein Orchesterchen zusätzlich verkleinert: Yvain begnügte sich mit zwei Klavieren, wobei die Pianisten Georges Raffit und Léo Kartun zu den Stars der umjubelten Uraufführung gehörten, und zwei spätere Stars des französischen Kinos, Arletty und Renée Devillers, frühe Erfolge feierte. Einen Monat später wechselte die Show in das Théâtre des Variétés, wo die beiden Klaviere durch ein zehnköpfiges Orchester ergänzt wurde. Im Mai zog Yes! schließlich ins 2000-Pätze-Theatre Apollo, wo zusätzlich zu den neuen Dekorationen und Kostümen das Orchester auf 35 Musiker aufgestockt wurde und Chorus Girls auftraten. Volker Klotz beschreibt in seiner Operetten-Enzyklopädie diesen Schritt, „Yvain, der ironische Gegner musikalischer Verkitschung ergab sich später leider dem Trend zur aufgeblasenen „opérette a grand spetacle“, die den internationalen Verfall der Gattung klangbunt besiegelte“.
Über rund drei Jahrzehnte setzte der 1891 in Paris und 1965 in Suresnes bei Paris gestorbene Yvain mit seiner alerten Handwerkskunst bedeutende Akzente im französischen Unterhaltungstheater, das nur selten ins Ausland vordrang. Vor allem war er, obwohl er noch nach dem Zweiten Weltkrieg tätig blieb, der „prägende Meister der Pariser Operette in den zwanziger Jahren“, eigentlich der Meister der Kammeroperette. Dieser untrügliche Bühneninstinkt, der Sinn für gestisch mitreißende Melodik, treffsicher illuminierte Texte, die bis in die 50er Jahre fast durchgehend von Albert Willemetz stammen, springen den Hörer in dieser glänzenden, im Juni 2022 entstandenen Aufnahme von Alpha-Classics (2 CD Alpha 974, engl.-franz. Beiheft, franz. Libretto) mit Les Frivolités Parisiennes in der Orchesterfassung mit Michael Ertzscheid und Nicolas Royez an den Klavieren sofort an. Das Ensemble hält Spannung und Tempo auf bewundernswerte Weise, ist jazzig und südamerikanisch, leicht und rhythmisch elegant, stets graziös und durchsichtig wie im Sextuor du thé, drall wie in Arlettys „Moi je cherche un emploi“ oder rasant purzelnd wie im Terzett „Dites à mon fils“. Die Stimmen haben Charakter und Gesicht, sind sicherlich nicht in jedem Fall hübsch, aber prägnant und sprechend, wie die unschuldig engstimmige, raffinierte Sandrine Buendia als Totte oder Guillaume Durand mit einem farblos gewöhnlichen Bariton, der schon wieder reizvoll klingt, als Maxime. Jugendliche Stimme mit außerordentlich Projektionskraft. Clément Rochefort gibt den Sprecher mit milder Affektiertheit. Die eineinhalb CDs mit 61 Minuten und 33 Minuten Spielzeit vergehen wie im Flug, hinterlassen den Hörer aber auch etwas ermattet, da die vielen kurzen temporeichen und artistischen Nummern kaum eine Atempause einlegen (13.06.24). Rolf Fath