.
Am 1. September 1935 in Shenyang im seinerzeitigen japanischen Marionettenstaat Mandschukuo im Nordosten Chinas geboren, visierte Seiji Ozawa zunächst eine Karriere als Pianist an, bevor er sich der Komposition und dem Dirigat zuwandte und sein Studium 1958 beschloss. Bereits früh wurde man auf sein Talent aufmerksam. Er erfreute sich der Förderung durch Charles Munch, damals Chefdirigent des Boston Symphony Orchestra, und Herbert von Karajan, künstlerischen Leiter der Berliner Philharmoniker. 1961 wechselte er als Assistenzdirigent von Leonard Bernstein zum New York Philharmonic und wurde bereits 1964 Musikdirektor des Ravinia Festival, der Sommerresidenz des Chicago Symphony Orchestra. Zwischen 1965 und 1969 übernahm er das kanadische Toronto Symphony Orchestra und 1970 das San Francisco Symphony (bis 1977). Wenig später wählte man ihn in Boston zum designierten Nachfolger des gesundheitlich angeschlagenen William Steinberg, die er 1972 zunächst als musikalischer Berater und 1973 schließlich als Musikdirektor antrat. Dieses Amt sollte Ozawa drei Jahrzehnte innehaben und die Geschichte des BSO nachhaltig prägen. Als erster Japaner übernahm er insofern die Leitung bedeutender US-Orchester, was auch ein Vierteljahrhundert nach Hiroshima und Nagasaki keineswegs selbstverständlich war. In seiner Heimat Japan gründete er 1984 das Saito Kinen Orchestra und 1992 das Saito Kinen Festival. Daneben war er als Gastdirigent u. a. bei den Berliner und Wiener Philharmonikern, beim London Symphony Orchestra und beim Orchestre National de France über Jahrzehnte hochgeschätzt. Das Jahr 2002 begann mit dem von Ozawa geleiteten Neujahrskonzert in Wien, sah seinen Rückzug in Boston (wo seine letzten Jahre mitunter schwierig verlaufen waren) und seinen Amtsantritt als Musikdirektor der Wiener Staatsoper. Ab dieser Zeit wandte er sich verstärkt der Oper zu (Debüt an der Met bereits 1992), ehe ihn eine Speiseröhrenkrebserkrankung 2010 zum Rückzug zwang. Nach seiner Genesung kehrte er 2013 aufs Podium zurück, doch konzentrierten sich die Auftritte in seinen späten Jahren primär auf Japan. Mit über 400 Einspielungen, hauptsächlich für RCA, Philips und Deutsche Grammophon, gehört er zu den am besten dokumentierten Dirigenten überhaupt. Zu seinen künstlerisch nachhaltigsten Interpretationen gehören Aufnahmen der Werke von Hector Berlioz, Gustav Mahler und Carl Orff. Daneben trat er bis ins hohe Alter pädagogisch in Erscheinung und erhielt zahllose Ehrungen und Auszeichnungen. Am 6. Februar 2024 ist Seiji Ozawa im Alter von 88 Jahren in seinem Haus in Tokio einem Herzversagen erlegen (Foto Wikipedia). Daniel Hauser