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In elegantem Design präsentiert sich das neue SONY-Album mit Jonas Kaufmann und Ludovic Tézier, das die beiden Stars der aktuellen Opernszene unter dem Titel Insieme in Duetten von Verdi, Puccini und Ponchielli vereint (19439987002). Die zwei Sänger ähneln sich deutlich im Klang, denn der Tenor ist baritonal und der Bariton recht hell getönt, so dass es gelegentlich sogar schwer fällt, die beiden Stimmen zu unterscheiden. Der Autor des Einführungstextes im Booklet übertitelte seinen Beitrag sogar „Zwei Sänger, eine Stimme“. Mit Antonio Pappano und dem Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia hat das Duo prominente und im italienischen Repertoire kompetente musikalische Partner.
Mit der populärsten Nummer aus dem letzten Akt von Puccinis La bohème beginnt das Programm – dem Duett „Mimì, tu più non torni“ von Rodolfo und Marcello. Sehr lebhaft und pointiert leitet Pappano mit dem Orchester die Szene ein, welche eine authentische Live-Atmosphäre suggeriert. Schon dieses erste Duett zeigt die perfekte Verblendung der beiden Stimmen, die Kaufmanns lässt den für sie typischen gutturalen Klang vernehmen.
Es folgt das Duett zwischen Enzo und Barnaba, „Enzo Grimaldi, Principe di Santafior“, aus La Gioconda. Die Oper markiert den Beginn des Verismo, was in Barnabas harter Deklamation erkennbar ist. Der Straßensänger lässt in der Begegnung mit dem Fürsten Enzo keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit, bis zum Äußersten zu gehen. Die orchestrale Einleitung allerdings ist schwelgerisch und filigran. Für den Barnaba wünschte man Tézier mehr dämonische Schwärze. Kaufmann wirft sich emphatisch in das „O Laura mia!“, das seine Liebe zu ihr verdeutlicht.
Alle weiteren Titel der Platte sind Verdi gewidmet, beginnend mit zwei Duos von Henri und Montfort aus Les Vepres siciliennes – dem ersten Werk des Komponisten für die Opéra de Paris. Mit dem jungen sizilianischen Freiheitskämpfer Henri und dem Gouverneur der französischen Besatzer Montfort findet sich hier die häufige Konstellation des Tenors als Liebhaber und des Baritons als Bösewicht. Im Duett des 1. Aktes bleiben die Emotionen zunächst gezähmt, bis sie sich steigern und in dramatischen Spitzentönen entladen. Die des Tenors wirken forciert und wiederum sehr kehlig, der Bariton steigert sich in einen Gesang voller Verve. Auch das Duett des 3. Aktes setzt verhalten ein, doch auch hier verfallen die Sänger geradezu in einen ekstatischen vokalen Taumel
Danach erklingt eines der berühmtesten Duette Verdis, das von Carlos und Rodrigue aus Don Carlos, also der 1867 in Paris gezeigten Urfassung. Es schildert eine der bedeutendsten Männerfreundschaften der gesamten Operngeschichte. Kaufmann sang die Titelpartie bei den Salzburger Festspielen und in Paris, für Tézier ist der Rodrigue (oder Posa in der italienischen Fassung der Oper) eine Kernrolle seines Repertoires. Die Vertrautheit der beiden Sänger mit ihren Partien hört man in jeder Note trotz der Einschränkung, dass Kaufmann stimmlich für den Titelhelden (vor allem in der französischen Originalversion) zu schwer wirkt.
Aus La forza del destino sind sogar drei Duette von Alvaro und Carlo zu hören. 2013 interpretierten die Sänger diese Partien an der Bayerischen Staatsoper in einer Neuinszenierung. Das erste der drei Duette („Solenne in quest’ora“) aus dem 3. Akt ist das berühmteste mit seiner schmerzlichen Kantilene. Kaufmann bemüht sich hier sehr um lyrische Zwischentöne und setzt die Kopfstimme wirkungsvoll ein. Das zweite Duett („No, d’un imene il vincolo“) ist ungleich dramatischer und hektisch erregt, hat Carlo doch in Alvaro den Mörder seines Vaters erkannt. Das dritte Duett schließlich („Le minaccie, i fieri accenti“) markiert den dramatischen Höhepunkt, da die verfeindeten Männer sich wieder treffen und in ein Duell stürzen. Die beiden Sänger finden hier zu farbenreichem Gesang und starker Intensität im Vortrag, was diese Nummer zu einer der eindrücklichsten der Anthologie macht. Beide sind damit auf direktem Weg zu jenen Opernhelden, denen sie sich im Finale der CD widmen: Jago und Otello. Zuerst bringen der Tenor und der Bariton ein weiteres bekanntes Duett aus Verdis Feder („Sì, pel ciel marmoreo giuro“). Kaufmann schickt diesem Zwiegesang noch den Monolog Otellos voraus („Ora e per sempre addio“), in welchem der sich betrogen fühlende Gatte Desdemonas in seiner Raserei jedes Maß verliert. Kaufmann hat sein Rollendebüt 2017 in London gegeben, zwei Jahre später die Partie für Sony auch eingespielt, beides gleichfalls unter Pappano. Diese Erfahrungen auf der Bühne und im Studio spiegeln sich auch hier wider. Die beiden Ausschnitte aus dem 2. Akt stellen für mich den Höhepunkt der Platte dar, weil Kaufmann mit ungeheurer Spannung singt und Tézier, der 2021 an der Wiener Staatsoper als Jago debütierte, mit geradezu schönsten Tönen die hinterhältige Intrige ausbreitet. Und nicht zuletzt wegen des Atem beraubend begleitenden Orchesters sind diese Otello-Szenen von ungeheurer Eindringlichkeit. Bernd Hoppe