„Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über“, heißt es bereits in der Bibel (Matthäus 12.32), und ein an Begeisterung für die gute Sache übervolles Herz ist wohl auch verantwortlich für das Cover eines von Heide Schwarzweller, Leiterin des Projekts „Fanny Mendelssohn Förderpreis“ verantwortetes Buch, dessen Titel lautet: „Talent Ideen Leidenschaft Idealismus Kreativität Ehrgeiz Üben Erfolg“ und dazu „wegbereiter wegbegleiter“ und dazu auch noch „Realität, Strategien und Wege musikalischer Nachwuchsförderung“, welch letzterer Begriff missverständlich ist, denn der Nachwuchs wird ja nicht musikalisch gefördert, sondern der musikalische Nachwuchs erlebt Förderung.
Ob die Telekom oder die FDP Pate standen bei der Wahl von Magenta als Gestaltungsmittel und Augenschmaus, ist nicht ersichtlich, wohl aber, dass es in Deutschland zwar wenig Aussichten auf eine Karriere als Musiker gibt, da unter anderem zu viele ausgebildet und zudem noch von asiatischen Konkurrenten bedrängt werden, dass aber auf der Habenseite viele gute Geister stehen, die aus Liebe zur Musik oder zur Prestigesicherung junge Künstler fördern, wie es auch der Fanny Mendelssohn Förderpreis jedes Jahr und das seit 2014 mit 10000 Euro, u.a. eine CD-Einspielung ermöglichend, tut. Bei der Auswahl ist maßgebend, ob alternative Konzepte vorliegen, mit ihr will man neue Interpretationsansätze fördern.
Eine Handvoll von Interviewern, besonders fleißig Martin Hoffmeister, hat Paten und ihre Patenkindern, Intendanten, Stiftungen und Mäzene sowie Vertreter von Unternehmen danach befragt, welche Maßstäbe sie bei der Förderung anlegen, welche Ratschläge sie jungen Musikern geben können, wie sie die Situation der klassischen Musik in Deutschland einschätzen. Oft werden umfang- und inhaltsreiche Statements abgegeben, manchmal liest man Rührendes, so die Aussage eines der Preisträger, die Gebete seiner Oma seien für ihn das beste Mittel gegen Lampenfieber.
Zu den prominenten Paten gehören Julia Fischer, Daniel Hope oder Kerstin Meyer, auch Reiner Wehle mit der drastischen Aussage, er würde seinen Kindern verbieten, Musiker zu werden.
Die Intendanten sind u.a. vertreten mit Markus Fein (Festspiele Mecklenburg-Vorpommern), Michael Herrmann (Rheingau Festival) oder Dieter Rexroth aus Berlin, der nicht nur schöne, sondern auch sehr kritische Worte über das Verhalten einiger Agenten beisteuert. So bietet das Buch nicht nur verdienstvolle Hinweise an junge Musiker darauf, wo sie sich Unterstützung holen können, wie sie Netzwerke bilden können, sondern spricht auch Warnungen aus.
Zum Stichwort „Stiftungen und Mäzene“ gehören Regina Back (Stiftungsmanagement), Jürgen Ernst (Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Stiftung) oder Sven Nykamp (Bankhaus Bär) und Arend Oetker, und es verwundert nicht, dass diese Gruppe junge Musiker auch darauf hinweisen will, wie wichtig es ist, sich richtig zu vermarkten, wobei sie Hilfestellung geben wollen.
Exemplarisch für die Unternehmen als Sponsoren sei Bayer erwähnt, das bereits seit 1907 eine Kulturabteilung hat, aus eigennützigem Grund entstanden, als das Unternehmen in das damals noch kulturell unterbelichtete Leverkusen umsiedelte. Im Interview werden interessante Vergleiche zwischen der Kulturförderung in Deutschland und in den USA angestellt. Kein Sponsor sein will Thomas Girst von BMW, sondern eine Corporate Citizenship anstreben.
Die Interviewten kommen nicht nur ausführlich zu Wort, sondern können sich auch über jeweils zwei Fotos, ein Porträt und ein weiteres Foto aus dem Umfeld, freuen. Sehr wertvoll ist der Anhang mit einer reichhaltigen Link- und Ratgebersammlung. Dazu bietet sich die Herausgeberin zur Beantwortung von Fragen zur Förderung mit einem besonderen Link an.
So erfüllt das Buch gleichermaßen den Zweck, verdienstvolle Förderer zu feien wie Förderungsbedürftige mit wertvollen Informationen zu versehen (Ellert & Richter Verlag 2020; ISBN 978 3 8319 0766 3; Abb. Fanny Hensel, Ölgemälde von Moritz Daniel Oppenheim aus dem Jahr 1842; Wikipedia). Ingrid Wanja