Puccini und die Frauen

 

Puccini war ein Aufreißer. Mehr als nur eine Affäre haben der auf Fotos immer etwas pikiert blickenden junonischen Gattin Elvira das Leben sauer gemacht. Neben der unersättlichen Jagd nach einer „vagina fresca“ unterhielt Puccini vor allem innig liebevolle Beziehungen zu Cio-Cio-San, Mimì und Liù, zu den Frauen seiner Oper, was es für eine Sopranistin reizvoll macht, diesen Kosmos auszuschreiten und sich dem Komponisten anzunähern.

Diesmal ist es die armenische Sopranistin Karine Babajanyan, die nach einem ersten Engagement im heimatlichen Eriwan ab 1999 an verschiedenen deutschen Bühnen auftrat, darunter 2003 bis 2011 in Stuttgart. Die bereits 2007 in Budapest mit dem unter Pier Giorgio Morandi nicht immer sehr sensibel spielenden Budapest Symphony Orchestra entstandene Aufnahme (EMI 5099926773124) kann noch von keinen weiteren Stationen berichten, die – mit der Deutschen Oper am Rhein, Genf, Zürich und Warschau – und der Ausnahme der Elena im Mefistofele an der Bayerischen Staatsoper noch nicht den erhofften Sprung in die nächste Liga gebracht haben. Das könnte verwundern. Die junge aparte Armenierin singt die Butterfly, Mimì, Tosca, Manon Lescaut, Suor Angelica und Liù mit einer warmen, dunkel flirrenden Stimme, die sich bestens für dieses Repertoire eignet. Man hört ihr gerne zu, wenngleich sie den Figuren nicht unbedingt Persönlichkeit verleiht und ihr Italienisch, etwa als Suor Angelica, etwas schwammig ist, doch sie singt mit viel Gefühl und Anmut. Es fehlt ihr sicherlich die Feinzeichnung, die Höhen sind, wenngleich als Suor Angelica gut angesetzt, etwas pauschal, oftmals wünscht man sich einen zarteren Stift. Ihre Cio-Cio-San, die sie vermutlich am häufigsten gesungen hat, hat viel zu bieten, was auch an dem überraschenden Partner liegt: Giuseppe Giacomini, der zum Zeitpunkt der Aufnahme 67 war und noch drei Jahre später durch China tourte, ist als Sänger ein ganz anderes Kaliber. Mit seiner großen und massigen Otello- Stimme verleiht er dem Pinkerton eine derbe Macho-Note, natürlich ist die Stimme auch nicht mehr jugendlich geschmeidig, doch Giacomini singt und gestaltet mit unfehlbarem Gespür und Sicherheit, mit großem Atem, schönen gerundeten Tönen und triumphalen Höhen. Fast vergessen wir darüber Babajanyan. Ihre Manon ist gleichermaßen interessant, die Liù ebenso, was der Partie aber vermutlich nicht gut ansteht. Neben Giacominis „Nessun dorma“ und den in einem Atem genommenen Vinceròs tritt die Armenierin in den Hintergrund. Rolf Fath