Umberto Grilli

 

Mit Bedauern hörten wir vom Tode des italienischen Tenors Umberto Grilli am 30. September 2019, den ich noch gut aus Edinburgh 1972 erinnere, wo er neben Leyla Gencer eine der beiden Tenorrollen in Rossinis Elisabetta sang (die Nozzari-Partie des Leicester; wie auch 1970 auf dem Mitschnitt aus Palermo) – eine elegante Erscheinung mit einer markanten, typisch italienischen und gut geführten Stimme, ein tenore di grazia mit Charakterfarbe, ungemein versiert in den geforderten Koloraturen, aber auch kraftvoll in frühen Verdi-Opern. Wie seine Kollegen Lazzari oder Monti ein Vertreter einer ausgestorbenen Spezies, wie man sie in der Multi-Tenor-Oper Otello von Rossini antrifft, den er ja auch gesungen hat. Wieder ist eine der Sängersäulen meiner langen Opernreise weggebrochen – was mich an die Vergänglichkeit des Sänger-Pantheons meiner Erinnerungen gemahnt. G. H.

 

Umberto Grilli als Alamiro in Donizettis „Belisario“ am Teatro La Fenice/ Künstlerfoto

Zu seiner Vita ein Ausszug aus dem unersetzlichen Opern-Lexikon von Kutsch/ Riemens: Grilli, Umberto, Tenor, * 4.9.1934 Pavia; er wollte ursprünglich Bildhauer werden, studierte dann aber bei Adelaide Saraceni in Mailand Gesang. Er begann seine Karriere 1957 im Baritonfach am Teatro Politeama von Genua in der Rolle des Silvio im »Bajazzo«. 1959 debütierte er dann als Tenor am Teatro Nuovo Mailand in der Titelpartie von Mascagnis »Amico Fritz«. Er kam bald an den führenden italienischen Theatern zu großen Erfolgen. Man hörte ihn an der Mailänder Scala, an der Oper von Rom, in Triest, Venedig, Turin, Parma, Palermo, bei den Festspielen von Florenz (Maggio musicale) und in den Thermen des Caracalla in Rom. Weltweite Gastspiel- und Reisetätigkeit mit Auftritten an den Staatsopern von Wien und Hamburg, am Théâtre de la Monnaie Brüssel und an der Oper von Monte Carlo, am Teatro Colón Buenos Aires, an den Opern von Dallas und Philadelphia, an den Nationalopern von Warschau und Bukarest, in Amsterdam, Lyon, Bordeaux, Nizza und Toulouse. 1985 gastierte er beim Festival von Ravenna als Herzog im »Rigoletto«. Bei den Festspielen von Edinburgh und Bregenz wie überhaupt bei seinen Auftritten erwies er sich als bedeutender Interpret der schwierigen Belcanto-Partien in den Opern von Rossini, Bellini und Donizetti. 1963 sang er beim Holland Festival, 1964-65 bei den Festspielen von Glyndebourne in Rossinis »La pietra del paragone«.

Schallplatten: Melodram (»Le Pescatrici« von J. Haydn, »Stiffelio« von Verdi), MRF (»Maria di Rohan« von Donizetti, Mitschnitt einer Aufführung aus Venedig, 1974), BRF (»Elisabetta Regina d’Inghilterra« von Rossini), Italia (»Oberto« von Verdi), Haydn Foundation-Records.

[Nachtrag] Grilli, Umberto; Partien aus seinem Repertoire für die Opernbühne: der Percy in »Anna Bolena« von Donizetti, der Roberto in »Maria Stuarda« vom gleichen Meister, der Rodrigo in »La Donna del lago« von Rossini, der Ernesto im »Don Pasquale«, der Rodolfo in »La Bohème«, der Cavaradossi in »Tosca«, der Pinkerton in »Madama Butterfly« und der Gérald in »Lakmé« von Delibes. – Schallplatten: Mondo Musica (Enzo in »La Gioconda«, Teatro Fenice Venedig 1971; [Lexikon: Grilli, Umberto. Großes Sängerlexikon, S. 9511 (vgl. Sängerlex. Bd. 2, S. 1407; Sängerlex. Bd. 6, S. 347) (c) Verlag K.G. Saur]