Robin Johannsen

 

Sie gehört zu den viel gefragten Barock- und Mozartsängerinnen unserer Tage und besticht mit der Schönheit ihres Timbres, beeindruckender Virtuosität und tiefgreifenden Interpretationen: Die amerikanische Sopranistin Robin Johannsen. Im September ist die Künstlerin wieder beim Musikfest in Bremen zu hören, dieses Jahr mit einem Rameau-Programm dirigiert von Teodor Currentzis. Im Januar 2017 kann man Robin Johannsen in King Arthur wieder an der Berliner Staatsoper unter der musikalischen Leitung von René Jacobs erleben. Dieter Schaffensberger traf die Sängerin für operalounge.de

 

Robin Johannsen: "Amor vien dal destino" an der Berliner Staatsoper/ Foto Thomas M. Jauk

Robin Johannsen: „Amor vien dal destino“ an der Berliner Staatsoper/ Foto Thomas M. Jauk

Wie sind Sie zur Musik gekommen? Wann war für Sie klar, dass Sie Opernsängerin werden wollten? Singen habe ich immer geliebt.  Meine Mutter sagt, ich habe gesungen bevor ich gesprochen habe – nichts Aufregendes, eher la la la!  Ich wollte aber sehr lange Musicalsängerin oder Schauspielerin werden. Obwohl ich als Kind relativ schüchtern war, wollte ich schon immer auf der Bühne stehen, sogar als Kleinkind. Meine Eltern haben mich nie gepuscht, aber sie haben mir immer erlaubt, bei Musicals vorzusingen und haben mich immer zu den Proben gefahren, Kostüme gebastelt, usw. Erst auf der High School hat mein Chorlehrer mich mit der Oper vertraut gemacht. Er hat mir Aufnahmen der größten Tenöre und Sopranistinnen vorgespielt und sagte: „Ich glaube, du könntest auch eines Tages diese Musik singen, wenn du sehr hart arbeitest und nie aufgibst!“

 

Robin Johannsen: "Romolo ed Ersilda" bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik/ Foto Maurice Kobel

Robin Johannsen: „Romolo ed Ersilda“ bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik/ Foto Maurice Kobel

Ein paar Worte zu Ihrer Ausbildung? Ich habe in den USA in Pittsburgh, Pennsylvania studiert. Das Studium war sehr intensiv – wir haben auch Tanzunterricht und Schauspielunterricht bekommen. Ich bin nach Deutschland gekommen, weil  ich ein Stipendium der Deutschen Oper Berlin gewonnen hatte. Dort habe ich auch unheimlich viel gelernt. Wir Stipendiaten waren in so vielen unterschiedlichen Produktionen dabei und bekamen auch viele Coachings auch im privaten Repertoire. Wegen des Stipendiums an der DOB. Dort waren eigentlich nur 10 Monaten geplant, aber ich hatte das Glück, dass es so gut ging, dass ich anschließend eingeladen wurde, ins Ensemble zu gehen. Ich war insgesamt drei Jahren an der DOB.

 

Sie sind besonders im Barockrepertoire sehr gefragt und gelten als Spezialistin in diesem Bereich. War Ihnen schon immer bewusst, dass sich Ihre Stimme besonders gut in diesem Repertoire entfalten kann? Ich kam relativ spät zum Barock. In den USA habe ich Barock gar nicht studiert – daran habe ich nicht im Entferntesten gedacht!  Wir haben „normales“ Konzert- und Opernrepertoire studiert und gesungen, auch Musicals. 

Die Deutsche Oper hatte damals auch keine Barockopern im Repertoire. Ich habe aber immer wieder im Messiah gastiert.  Das hat mir immer sehr viel Spaß gemacht und ich habe jedes Mal bemerkt, wie glücklich ich und auch meine Stimme waren, diese Musik zu singen. In dieser Zeit habe ich auch viel mit der Bachakademie unter Helmuth Rilling gesungen. Im Jahr 2008 habe ich Alessandro De Marchi kennengelernt, als ich in Händels Theseus an der Komischen Oper Berlin gastierte. Er hat mich für meine erste CD-Produktion, Scarlattis Oratorium Davidis: Pugna et victoria nach Italien eingeladen. Er hat mich gecoached und mir so viel über den Barockstil beigebracht – bei jeder Produktion habe ich mehr lernen können. Je mehr Barock ich gesungen habe, umso mehr habe ich mich in die Musik verliebt.  Ich hatte auch Glück, dass ich mit Weltklasse-Dirigenten und Sängern zusammen arbeiten konnte.  Ich habe versucht, immer sehr gut aufzupassen und zuzuhören um von den Besten zu lernen, was immer noch mein Trick ist. (lacht)

 

Robin Johannsen: "Almira" an der Hamburgischen Staatsoper/ Foto Jörn Kipping

Robin Johannsen: „Almira“ an der Hamburgischen Staatsoper/ Foto Jörn Kipping

In Ihrem Repertoire finden sich auch viele Mozartrollen. Wie würden Sie Ihre Beziehung zu diesem Komponisten beschreiben? Es ist unheimlich schön und auch eine große Herausforderung Mozart zu singen. Mozart ist schwer aber sehr dankbar. Ich bereite im Moment Fiordligi vor. Die Mozartrollen machen viel Spaß zu singen und verlangen immer Ehrlichkeit – sowohl was die Technik als auch die Emotionen anbelangt. Eine Welt ohne Mozart mag ich mir nicht vorstellen.

 

In einer Tournee mit Teodor Currentzis werden Sie im September u.a. in Wien und Bremen mit Musik Jean-Philippe Rameaus zu hören sein. Können Sie uns mehr über dieses Programm verraten? Die Musik ist herrlich, sowohl die Arien, die ich singe, als auch die Musik, die vom Orchester gespielt wird. Rameau war ein toller und sehr unterhaltsamer Komponist. Es hat mir viel Spaß bereitet, die Musik einzustudieren, auch weil sie so facettenreich ist. Eine meiner Arien ist total lustig und ich musste wirklich laut lachen, als ich sie zum ersten Mal hörte, andere sind sehr träumerisch, intensiv, ruhig. Das ist unsere erste Zusammenarbeit!  Es ist sehr schön mit Teodor Currentzis zu singen und auch zuzuschauen, wie er zusammen mit seinem Orchester arbeitet. Das Orchester macht mit dem Maestro manchmal ungewöhnliche Dinge, die die Musik sowie die Gestaltung frisch und spannend halten.

 

Robin Johannsen: "Die Zauberflöte" an der Vlaamse Opera/ Foto Annemie Augustijins

Robin Johannsen: „Die Zauberflöte“ mit Josef Wagner/ Papageno an der Vlaamse Opera/ Foto Annemie Augustijins

Sie arbeiten regelmäßig mit den wichtigsten Barockspezialisten unserer Zeit, unter anderem mit René Jacobs. Was macht die Arbeit mit ihm so besonders? René Jacobs ist sehr inspirierend und zwar jeden Tag bei jeder Probe!  Er lässt nie nach und er gibt nie auf. Wenn er bei der Musik ist, ist er 100% dabei und er erwartet das auch von seinen Orchestern und Sängern. Gleichzeitig kann er unheimlich flexibel sein – er hat immer neue Ideen, will immer unterschiedliche Dinge ausprobieren, damit die Musik lebt. Man merkt, wie viel Spaß er dabei hat. Bei René ist die Arbeit nie fertig! Er könnte auch vor der letzten Vorstellung mit einer neuen Idee kommen, die man dann gleich ausprobiert.

 

In Berlin feierten Sie große Erfolge in wunderbaren Barockproduktionen mit René Jacobs. Nun folgt im Januar eine weitere: Purcells KingArthur. Was können Sie uns über dieses Werk und die Partie der Philidel sagen? Haben Sie die Rolle schon gesungen oder handelt es sich um ein Debüt? Von Purcell habe ich bis jetzt nur Dido and Aeneas und verschiedene Lieder gesungen, aber das wird meine erste Begegnung mit King Arthur. Obwohl ich gewohnt bin, in verschiedenen Sprachen zu singen, ist es auch etwas Besonderes die Möglichkeit zu haben, in der Muttersprache zu singen. Das kommt für mich selten vor, außer vielleicht, wenn ich im Messiah singe. Von unserer Produktion kann ich noch nichts verraten, weil ich selber nichts weiß, außer, dass es eine moderne Produktion von Regisseur Sven-Eric Bechtolf sein wird.  Auch zu meiner Partie kann ich noch nichts sagen, weil ich noch nicht weiß, welche Partie/Arien ich genau singen werde.  Es gibt zwei Sopranistinnen in dieser Produktion und René Jacobs wird die verschiedenen Sopranarien zwischen uns verteilen. Aufregend!

 

Robin Johannsen: "I Giasone" an der Vlaamse Opera/ Foto Annemie Augustijins

Robin Johannsen: „I Giasone“ an der Vlaamse Opera/ Foto Annemie Augustijins

Welche weiteren Pläne gibt es im deutschsprachigen Raum? Mozarts Konstanze werde ich nochmals bei einer Neuproduktion singen aber ich darf noch nicht verraten, wo! Es kommt auch u.a. die Telemann-Oper Miriways, Tourneen von Messiah, Händels Parnasso in festa mit La Cetra Basel unter Andrea Marcon, die Titelpartie von einer Barockoper Didone von Leonardo Vinci wird für Sony Classical/WDR bald aufgenommen; Konzerte und Tourneen mit dem Freiburger Barockorchester, Akademie für Alte Musik Berlin, Concerto Köln sowie mein Debüt als Fiordiligi auf Tournee unter René Jacobs.

 

Wo sehen Sie sich in 10 oder 20 Jahren? Würden Sie Ihr Repertoire gerne auch in eine andere Richtung als Barock und Mozart entwickeln? Das würde ich gerne beantworten, aber es ist für mich zu weit weg!  Ich gehe dahin, wo die Stimme mich hinführt und werde sie nicht puschen, egal wie viel Zeit vergangen ist. Während meines Studiums und am Anfang meiner Karriere hatte ich bestimmte Ziele von künftigen Partien, nur weil ich sie liebte – egal ob die mir stimmlich passten. Glücklicherweise habe ich diese Partien nicht gesungen… Nur einstudiert und geträumt, bis ich merkte, was für ein Quatsch das war, Partien erzwingen zu wollen. Inzwischen weiß ich: Wenn ich etwas liebe, was meine Stimmbänder quälen würde, genieße ich es lieber beim Zuhören!  Mein Ziel ist, gesund zu singen, lange zu singen, mit ganzem Herzen zu singen.

 

Gibt es Wunschpartien, die Sie bisher noch nicht verkörpert haben? Die Alcina von Händel ist so eine schöne Partie. Ich würde sie sehr gerne singen. Auch die Cleopatra in Giulio Cesare, die Ilia in Idomeneo

 

Robin Johannsen auch mal prival/ Foto Tatjana Dachsel

Robin Johannsen prival/ Foto Tatjana Dachsel

Wer ist Robin Johannsen privat? Welche Hobbies haben Sie, was machen Sie gerne wenn Sie nicht auf der Bühne stehen?  Ich verbringe am liebsten Zeit mit meinem Mann und zwei Töchtern, die mit mir in Deutschland sind und auch mit der großen Familie, die in Amerika lebt. Ich liebe es auch, Zeit mit Freunden zu verbringen. Ich wünschte, meine Zeit besser zu managen (und arbeite daran), damit ich noch mehr Zeit für meine Freunde habe… Ich lese sehr gern und höre sehr gerne Musicals, gehe spazieren und esse gern etwas gutes Vegetarisches. Dieter Schaffensberger

 

Foto oben: Robin Johannsen: Als Händels Almira an der Hamburgischen Staatsoper/ Ausschnitt/ Foto Jön Kipping; Die Sängerin versichert, im Besitz der Veröffentlichungs-Rechte für die hier abgebildeten Fotos zu sein. Weitere Infos zur Sängerin bietet ihre website: http://www.robinjohannsen.com/