Stella d’Oriente

 

Immer wieder überraschen die Opernwelt Stimmen aus dem slawischen Raum höchst angenehm, so die der Weißrussin Oksana Volkova, ein Mezzosopran, der sich mit Opernarien vorwiegend aus dem französischen und slawischen Repertoire unter dem Titel Poison d’Amour bei Delos vorstellt. Sie beginnt mit der Schlussarie der Sapho aus Gounods gleichnamiger Oper und lässt den Hörer über das Leuchten der Stimme, die sie durchgehend schlank halten kann, erfreut sein, ihre Herkunft durch leicht scharfe Höhen dabei nicht verleugnend. Parallel zum Orchester wird der Mezzo zunehmend tränenschwer, ehe die Stimme verstummt. Es folgen die beiden Arien der Dalila, denen sie sinnlich samtige Farben verleiht, die Tiefe erweist sich als gut angebunden an die Stimme, deren schöne Farben in großen Bögen eingesetzt werden, die stets schlank bleibt und trotz aller heraufbeschworenen Schwüle nie ordinär erscheint. Thomas‘ Mignon beschwört das Land, wo die Zitronen blühen mit einer leichten Emission der Stimme, vielleicht etwas zu auffahrend für das zarte, knabenhafte  Geschöpf. Tränenschwer und reichlich vollmundig beklagt Charlotte ihr Schicksal, die Carmen der Volkova gehört sicherlich nicht zu den dem Chanson zugeneigten Vertreterinnen der Partie.

Aus dem slawischen Repertoire sticht die Arie aus der im Westen vollkommen unbekannten weißrussischen Oper The Gray Legend von Dmitri Smolski hervor, 2012 uraufgeführt und vollkommen der Tonalität verpflichtet, eine blutrünstige Geschichte mit frommem Ende, spätromantisch und von der Sängerin mit slawischen Schärfen ausgestattet. Slawische Melancholie verbreitet sich mit Lyubavas Arie aus Sadko, hellere, mädchenhafte Töne lässt Tschaikowskis Jungfrau von Orléans vernehmen, eine Art Mezzo-Tatjana. Mit dräuender Bruststimme, phantastischen Intervallsprüngen nach unten, die im Fahlen enden, schafft die Sängerin einen scharfen Kontrast zu der mezzofarbigen Höhe, alles vereint in der Arie der Marfa aus Khovanshchina.

Zwei bekannte Arien aus dem italienischen Repertoire sind am Schluss der CD zu hören: Santuzzas Bekenntnis gegenüber Mamma Lucia und Adrianas Rivalin mit ihrem  „Acerba voluttà“. Bei beiden stört das verwaschen klingende Italienisch den Gesamteindruck, bei Santuzza das schwache „Io piango“, während die Principessa de Bouillon jeden noch so schlachterprobten Maurizio erzittern lassen könnte.

Ein zuverlässiger Begleiter ist das Kaunas City Orchestra unter Constantine Orbelian (Delos DE 3584). (Weitere Information zu den CDs/DVDs  im Fachhandel, bei allen relevanten Versendern und bei www.naxosdirekt.de.) Ingrid Wanja