Fragwürdiger Anspruch

 

„Bescheidenheit ist eine Zier“, doch singt man besser ohne ihr? Mit einigem Anspruch an die Sängerin scheint ein Recitaltitel wie „Assoluta“ verbunden zu sein, den man vielleicht einer Callas, einer Sutherland oder Caballé zubilligen wird, weniger einer Mezzosopranistin, nämlich Béatrice Uria-Monzon,  die als Carmen & Co. einen guten Ruf, aber nur wenige Jahre Sopranerfahrung hat und nun an Ohrwürmern von der „Umile ancella“ über „Vissi d’arte“ bis zum „Suicidio“, ja zur „Casta Diva“ alles, was den Assolute zusteht, aufgenommen hat, nur „Un bel di“ und die Wahnsinnsszene der Lucia fehlen noch. Zwar teilt uns das Booklet mit, dass den Titel Primadonna assoluta in der Geschichte der Oper die Sängerin der wichtigsten Partie tragen durfte, heute aber verbindet man damit einen weit höheren Anspruch, dem die vorliegende CD nicht gerecht werden kann.

Es beginnt mit der Adriana, deren erste Töne, dunkel und recht verrucht klingend, an die unselige Fürstin von Bouillon aus der Cilea-Oper denken lassen, die sich pathetisch wie jene vokal aufführt, die zwar die Attitüde einer Assoluta, aber keine Sopranstimme hat, denn in der Höhe verliert die in der Mittellage reiche Stimme an Qualität. Auch Tosca profitiert zwar in der Mittellage von der Mezzovergangenheit der Sängerin, die Stimme nimmt allerdings streckenweise einen weinerlichen Klang an und leidet im Acuto an Qualitätsverlust, kann nicht aufblühen, wie es sich für einen Sopran gehört. Santuzza schlägt sich da wesentlich besser, wenn auch mit mauscheliger Diktion, die Tessitura der Partie passt, der düstere Charakter wird hörbar, erst am Schluss mit einem schwachen „io piango“ lässt die Spannung nach. Auch für die Maddalena aus Andrea Chénier lässt sich feststellen, dass die Uria-Monzon punkten kann, wo Soprane oft Schwächen zeigen, die mezza voce ist farbig, wenn die Mittellage nicht verlassen wird, ansonsten klingt die Stimm zu flach. Die Schlussszene von Manon Lescaut ist eines der schwächsten Stücke auf der CD, die Stimme scheint einfach nicht jung genug zu sein, klingt wie unter einem Tuch hervor, gedämpft, dumpf und „Non voglio morir“ einfach zu dünn. Letzteres trifft auch für die Gioconda zu, die Interallsprünge nach oben wirken gefährdet, einen Lichtblick stell das schöne Piano in der Höhe der Suor-Angelica-Arie dar, einen Tiefpunkt die „Casta Diva“ mit schriller Höhe und insgesamt trübe klingend. Im abschließenden „Pace, pace“ stört einmal mehr, dass die Sängerin mit zwei Stimmen zu singen scheint, deren oberer Teil ältlich klingt und die mit Maledizione kaum jemanden beeindrucken kann.

Einen Sonderfall stellt die Lady Macbeth dar, über deren Stimmqualitäten nach Verdi sich nicht noch einmal geäußert werden soll.  Mit übertrieben hexenhafter  Stimme verliest diese Lady den Brief des Gatten, in der folgenden Arie wie der Wahnsinnsszene drängt sich wieder der Eindruck auf, dass hier eine Mezzostimme, die ihre spezifischen Farben nicht bis in die Höhe tragen kann, am Werk ist.

Das in diesem Repertoire erfahrene Orchestra della Fondazione Teatro Lirico Giuseppe Verdi di Trieste unter Fabrizio Maria Carminati begleitet zuverlässig (Aparté music 221). Ingrid Wanja    

  1. jan neckers

    Love to read reviews in different languages from different critics. And no, how dares anyone to call a critic a little bit biased? On Opera Forum the Cd gets the highest praise. The critic even jubilates that it is „Assolutamente Divina“. Quite a contrast with this review. I once interviewed the lady for Orpheus in the early nineties and almost gapsed when she spoke of her dream role: Tosca. I thought „oh no, another Verrett, Bumbry, Gorr!“. She is now 57. I haven’t heard the CD yet but I fear the Wanja review is somehwat more objective than the French one.

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    1. Eryk

      I have this CD. And, well, I find Mrs. Wanja biased. Some people still find it hard to accept that Callas, Sutherland and Caballe are no longer with us.

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