Bei audite sind selten gehörte Radioaufnahmen aus den Tiefen des Rias-Archives mit dem französischen Cellisten Paul Tortellier erschienen. Paul Tortelier (1914-1990) zählte zu den Maßstab setzenden und bedeutenden Cellisten seiner Generation. Alle nun präsentierten Einspielungen sind Erstveröffentlichungen. Schumanns Fantasiestücke hat Tortelier zudem nie an anderer Stelle aufgenommen; dies gilt ebenso für die Sonate von Casella und für zwei Sätze seiner eigenen Trois p’tits tours. In den Kammermusik- und Solowerken von Bach bis zur frühen Moderne kommt Torteliers so ausdrucksvolles wie elegantes Spiel beeindruckend zur Geltung. (audite/ G. H.)
Der Kollege Kai Lührs Kaiser sagte dazu im rbb kultur radio: Auf drei CDs sind die gesammelten „RIAS Recordings“ des französischen Cellisten Paul Tortelier erschienen – Aufnahmen aus den späten 40er bis mittleren 60er Jahren. Wer ist Paul Tortelier? Paul Tortelier (1914 – 1990) war der wichtigste Cellist der französischen Schule der Nachkriegszeit – neben (dem noch etwas bedeutenderen) Pierre Fournier. Schon 1947 machte Tortelier sich ins noch reichlich kaputte Berlin auf; gewiss auch in Anlehnung an die Bedeutung der Musikstadt in der Vorkriegszeit; wo sowohl Arthur Rubinstein (mit dem er jahrelang ein wichtiges Trio bildete) wie die meisten anderen Musiker seiner Zeit debütiert hatten.
Immer wenn Tortelier in den Folgejahren kam, wurde er sofort vom RIAS für Aufnahmen abgezweigt – meist mit dem erst im letzten Dezember verstorbenen Pianisten (und späteren Berliner Hochschullehrer) Lothar Broddack als Begleiter. Es waren ersichtlich Auftragsarbeiten (von 1949 bis 1964). Mit Bach etwa (kurz bevor er sich mit Pablo Casals anfreundete) fremdelt Tortelier 1949 noch hörbar. Superb dagegen seine ausgewählten Beethoven-, Brahms-, Mendelssohn-, Fauré-, Kodaly- und Casella-Sonaten. (…)
Einige Aufnahmen entstanden sogar noch im alten (Berliner) Kleistsaal. Nicht nur hinsichtlich der französischen Cellistenschule, sondern auch als Berliner Dokument ein höchst schätzenswertes, gewohnt topsolide aufgemachtes audite-Set. Übrigens war Tortelier – als Lehrer von Jacqueline du Pré – 1967 Trauzeuge bei der Hochzeit du Prés mit Daniel Barenboim. Noch ein halbberliner Aspekt also … Noch bis 1989 war er in Berlin zu Gast – teilweise gemeinsam mit seinem in Berlin als Dirigent wirkenden Sohn Yan-Pascal Tortelier (beim damaligen SOB etc.). Kai Luehrs-Kaiser in rbbKultur
(Mit Dank an Kai Luehrs-Kaiser für die freundliche Genehmigung zum Zitieren seines Textes auf der website des rbb Kultur; Paul Tortelier – RIAS Recordings mit Paul Tortelier, Violoncello, Lothar Broddack, Klavier u.a.; Werke von Beethoven, Mendelssohn, Brahms, Bach, Fauré, Paganini, Schumann, Casella, Kodály und Tortelier, 3 CD Audite 21.455; Booklet mit Einführung und seltenen Fotos)