Antonietta Stella

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Die italienische Sopranistin Antonietta Stella starb am 23. Februar (2022) im Alter von 92 Jahren. Mit ihr geht wirklich eine Ära des italienischen Gesangs zu Ende. Wie ihre Kolleginnen Tucci oder Malaspina, Roberti, Mancini gehörte sie, die vor allem durch ihre physische Schönheit punktete, zum festen Bestand der italienischen Oper und hatte im Gegensatz zu den Genannten eine bemerkenswerte internationale Karriere, auch an der Met, wenngleich sie doch, wie die Gencer und viele, im Schatten der Callas und Tebaldi stand. Fans werden mir heftig widersprechen, aber sie war stets in der 2. Riege, so auch bei den Opernaufnahmen der Deutschen Grammophon, die als Konkurrenz zu denen der EMI und Decca aufgebaut wurden. Der etwas enge, steife Sopran der Stella leuchtete in der Höhe, und ihre Amelia im Boccanegra der RAI 1951 (neben Silveri und Bergonzi) gehört zu meinen Lieblingsaufnahmen, eben weil alle dort so jung und (scheinbar) unbekümmert klingen. Antonietta Stella war eine außerordentlich tüchtige Sängerin wie die nachstehende Auflistung bei Kutsch-Riemens zeigt, eine würdige Vertreterin der Italienischen Oper, wie es sie heute nicht mehr gibt (Foto Alchetron). G. H.

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Stella, Antonietta, Sopran, * 15.3.1929 Perugia; sie wurde an der Accademia di Santa Cecilia in Rom ausgebildet. Sie debütierte 1950 in Spoleto als Leonore im »Troubadour«. 1951 hatte sie an der Oper von Rom ihren ersten großen Erfolg als Leonore in »La forza del destino«. 1951 sang sie in Deutschland an den Opernhäusern von Stuttgart, München und Wiesbaden. Es folgten Gastspiele in Florenz, Neapel, Rom, Catania, Parma, Turin, Lissabon und Perugia. 1954 debütierte sie an der Mailänder Scala als Desdemona in Verdis »Othello« und hatte dort bis 1963 in einer Anzahl von Partien ihre Erfolge, u.a. als Tosca, als Traviata und als Elisabetta im »Don Carlos« von Verdi. Die Künstlerin gastierte sehr oft an der Staatsoper von Wien; auch an der Covent Garden Oper London (1955), in Paris, Brüssel und Chicago war sie erfolgreich. 1955 sang sie in der Arena von Verona (wo sie 1953 erstmals aufgetreten war) die Aida und die Leonore in »La forza del destino« auch in den Jahren 1957-58, 1960 und 1964 war sie in Verona in großen Partien anzutreffen. 1956 folgte sie einem Ruf an die Metropolitan Oper von New York (Antrittsrolle: Aida). Bis 1960 hatte sie an diesem Opernhaus große Erfolge; sie sang an der Metropolitan Oper in vier Spielzeiten acht Partien in 54 Vorstellungen, darunter die Leonore im »Troubadour«, die Amelia in Verdis »Ballo in maschera«, die Butterfly, die Tosca, die Traviata und die Elisabetta im »Don Carlos«. 1974 hörte man sie am Teatro San Carlo Neapel in der Uraufführung der Oper »Maria Stuarda« von de Bellis. – In ihrer Sopranstimme verbanden sich dramatische Aussagekraft, musikalische Schönheit und souveräne Beherrschung der Gesangstechnik. Große Verdi-und Puccini-Interpretin.

Aufnahmen auf Cetra (»Simon Boccanegra«), Philips (»Linda di Chamounix« von Donizetti, »La Bohème«, »Tosca«), DGG (»Un Ballo in maschera« von Verdi, »Don Carlos«, »Troubadour«), HMV (»Don Carlos«), Columbia (»La Traviata«, »Andrea Chénier« von Giordano), UORC (»Aida«), Foyer (»La battaglia di Legnano« von Verdi), HRE (»Luisa Miller« von Verdi), Melodram (»La forza del destino«, »Africaine« von Meyerbeer), Memories (»Agnese di Hohenstaufen« von Spontini).

[Nachtrag] Stella, Antonietta; als erste Partie sang sie 1955 an der Londoner Covent Garden Oper die Aida. Sie übernahm auch Partien aus dem Wagner-Repertoire wie die Elisabeth im »Tannhäuser«, die Elsa im »Lohengrin« und die Sieglinde in der »Walküre«.

[Lexikon: Stella, Antonietta. Kutsch/Riemens: Sängerlexikon, S. 23278 (vgl. Sängerlex. Bd. 5, S. 3338; Sängerlex. Bd. 6, S. 611) (c) Verlag K.G. Saur]

  1. Ekkehard PLUTA

    Ich stimme zu, dass Antonietta Stella zur Zeit von Callas-Tebaldi-Gencer eine Primadonna der 2. Reihe war, vor allem als Verdi-Sängerin war sie seinerzeit etwas überschätzt. Bei Puccini und in Verismo-Partien spielte sie jedoch in einer anderen Liga. Und dass sie eine sehr gute Schauspielerin sein konnte, habe ich unlängst bei youtube in einer Aufzeichnung von „Fanciulla del West“ (Tokyo 1963) erkannt. Vor allem ihre Poker-Szene mit Anselmo Colzani ist erste Klasse.

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