Nicht die ultimative Variante

Donizettis Opéra-comique Rita ist auf dem CD-Markt nicht eben prominent vertreten – bisher musste man entweder auf die Live-Aufnahme unter Fabio Maestri bei Bongiovanni von 1990 oder die unter Federico Amendola bei Nuova Era von 1991 zurückgreifen. (Einige noch ältere Aufzeichnungen auf LP sind vergriffen.) So kommt die neue Veröffentlichung bei Opera Rara gerade recht, zumal sie die bisher erste Aufnahme im französischen Original ist. Denn die 1841 komponierte einaktige Oper mit dem Untertitel Deux hommes et une femme (statt wie lange genannt Le mari battu) wurde 1860 an der Pariser Opéra-Comique uraufgeführt, deren Zuschauerraum das wie stets bei dieser Firma informative und reich ausgestattete Booklet ziert. Es ist die einzige Oper der Komponisten, die erst nach seinem Tod zur Premiere kam. Die Geschichte handelt von der Gasthauswirtin Rita, die im Glauben, dass ihr erster Mann, Gasparo, auf See umgekommen ist, den schwächlichen Dummkopf Pepé geheiratet hat. Unerwartet taucht Gasparo, der von Ritas vermeintlichem Tod gehört hat, in deren Gasthof auf. Er möchte eine junge Frau in Kanada heiraten, während auch Bepé seiner temperamentvollen und oft handgreiflichen Gattin zu entkommen hofft. Das ergibt natürlich diverse groteske Verwirrungen, die am Ende aber zu allseitiger Zufriedenheit ausgehen.

Die Aufnahme beginnt viel versprechend, denn Mark Elder lässt das The Hallé Orchestra im Prélude turbulent aufspielen und Katarina Karnéus in der Titelrolle mit dunkel getöntem Sopran in der beschwingten Introduction munter von Takt zu Takt hüpfen. Für den überraschend zurückgekehrten Ehemann Pepé hat Barry Banks einen schmachtenden Buffo-Tenor parat. In beider reizendem Duett „De tois je suis contente“ hört man von der Sopranistin lieblich-graziöse Töne und später von beiden auch eloquentes Geplapper. Das Besetzungstrio komplettiert Christopher Maltman als Gasparo, der in seinem ersten Couplet „Mon ménage“ einen reifen, aber auch etwas matten Bariton hören lässt. Im lyrischen Duett mit Pepé („Il me vient une idée“) klingt er markanter, ohne an große italienische buffa-Interpreten heranzureichen. Und im Duett mit Rita („O chère âme“) enttäuschen er wie auch die Karnéus mit sprödem Ton. Das musikalische Highlight des Stückes (mit reichlich gesprochenem Dialog in der Tradition der opéracomique) ist Pepés Air „ Tra la la“, das man gelegentlich auch auf Tenor-Recitals (wie einem von Juan Diego Flórez) findet. Banks singt es im Schwung zu verhalten und mit gequält klingender Höhe, kann also an große Interpretationen dieser bekannten Nummer nicht heranreichen. Am Ende vereinen sich die drei Protagonisten in einem zaghaft-verhalten beginnenden und sich dann im accelerando steigernden Trio sowie im lebhaften Final, wo sie auch vom Dirigenten und Orchester mit Verve und Brio unterstützt werden. Etwa zwei Jahre vor Rita komponierte Donizetti seine Grand opéra Les Martyrs, die von Opera Rara als ihre nächste Edition angekündigt wird. Dieser Veröffentlichung sieht man mit gespanntem Interesse entgegen und hofft dabei auf eine idiomatischere Besetzung.

Bernd Hoppe

 

Gaetano Donizetti: Rita (Karnéus, Banks, Maltman, The Hallé, Mark Elder) Opera Rara ORC50