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Das muss ein spannender Abend gewesen sein, als im April 2024 Schönbergs Frau auf der Suche nach ihrem Geliebten durch den Wald irrt, wo Ethel Smyths Holzfäller Heinrich um das Zustandekommen seiner Heirat mit Röschen bangen muss. Mit dem nahezu zeitgleich entstandenen Mondram Erwartung und dem Music Drama Der Wald treffen Expressionismus auf Spätromantik.
Die Bilder von Manuel Schmitts Inszenierung, die die beiden kurzen Werke zu einem 1 ½ stündigen Opernabend verschränkten, sehen gut aus. Im Frühjahr 2026 soll der Abend in Wuppertal nochmals aufgenommen werden. Bereits jetzt hat cpo die CD von Ethel Smyths zweiter Oper veröffentlicht (1 CD 555650-2). 2024 war ein sensationell erfolgreiches Jahr für Smyth, die mit wankendem Erfolg ihre Opern stets für deutschen Bühnen vorbereitet hatte: Karlsruhe und Meiningen spielten The Wreckers, einmal in englischer, einmal in deutscher Sprache, im Februar 2025 folgte Schwerin mit Strandrecht, also der originalen deutschen Fassung der Wreckers. Die Begeisterung war stets groß.
Nun also der im April 1902 unter Karl Muck an der Berliner Hofoper uraufgeführte Der Wald, der anschließend an Covent Garden gespielt wurde und im folgenden Jahr als erste Oper einer Frau sogar an die Metropolitan Opera kam. Es sangen an der Met Johanna Gadski und Georg Anthes, also allererste Kräfte des deutschen Faches, das junge Liebespaar. Anschließend gab es Il Trovatore mit Lillian Nordica und Louise Homer. Bei der zweiten und letzten Aufführung an der Met wurde dem Smyth-Einakter La fille du régiment mit Marcella Sembrich vorangestellt.
Smyth (1858-1944) hatte am Leipziger Konservatorium studiert, bald eine Anhängerschaft gefunden, darunter Bruno Walter und Arthur Nikisch, und Freundschaft und Bekanntschaft mit Grieg, Brahms und Tschaikowsky geschlossen und ihren Erstling Fantasio 1889 in Weimar auf die Bühne gebracht. Sie war durch Ausbildung und Wirken eine deutsche Komponistin und erlag der Faszination des deutschen Waldes und der deutschen Romantik, die in ihm Abgründiges, Geheimnisvolles und Mythisches sah. Das wenig anspruchsvolle Libretto bastelte sie selbst zusammen. Muster dazu dürfte sie bei Weber, Marschner und Wagner gefunden haben: Die Hochzeit des Holzfällers Heinrich mit Röschens steht bevor. Röschen hat böse Vorahnungen. Tatsächlich erscheint Jolanthe, die Geliebte des Landgrafen Rudolf, der die Dorfleute nicht über den Weg trauen. Jolanthe will auch Heinrich für sich gewinnen: wenn er ihr Geliebter wird, will sie ihn vor der Todesstrafe wegen Wilderei eines Rehs bewahren. Heinrich bleibt seinem Röschen treu – und fällt. Röschen wirft die Arme ekstatisch nach oben und bricht über Heinrichs Leiche zusammen, „Gesiegt hat die Liebe, Liebe und Tod, Tod und Liebe. Heilger Wald, nimm uns auf!“
Das Stück beginn dramatisch wirkungs- und geheimnisvoll mit dem Prolog und Chor der Waldgeister, die im kurzen Epilog mit den gleichen Worten wiederkehren, „Vergänglich ist der Sterblichen Leid, vergänglich der Sterblichen kurze Lust. Wir aber leben uralt wie der Himmel und jung wie des Frühlings sich ewig erneuende Zauberpracht“.
Smyth findet für die Waldgeister sowie für die anschließenden Szenen des Hausierers, der Dorfleute und der Burschen einen frisch sprudelnden Ton wie von Mendelssohn, Weber, Schumann, Brahms abgeguckt. Alles handwerklich sauber illustriert, allerdings gelingt es ihr nie, das Dämonische, Finstere und Gefährlich musikalisch zu benennen, eine dramatische Entwicklung nachzuzeichnen, selbst bei dem Hornrufen begleiteten Erscheinen Jolanthes, als Röschen Vater bereits das drohende Unheil ahnt, oder den geschlossenen Nummern bleibt Smyth gräulich konventionell. Bald stellt sich Langeweile ein.
Patrick Hahn, Wuppertals junger GMD (*1995 Graz), der bereits im kommenden Jahr sein Amt aufgeben wird, nutzt die reichen instrumentalen Möglichkeiten. Seine Wiedergabe mit der dem Sinfonieorchester Wuppertal ist tadellos, besser kann man das vermutlich nicht machen. Die Besetzung der gegensätzlichen weiblichen Hauptfiguren mit der kindlich klingenden Mariya Taniguchi als Röschen und der kraftvoll dramatischen Mezzosopranistin Edith Grossmann als Jolanthe ist gut. Sangmin Jeon ist nicht der jugendliche Heldentenor, den es für den Heinrich bräuchte, Samueol Park unauffälliger Bariton besitzt zu wenig Gewicht für den Landgrafen Rudolf, bemerkenswert der Hausierer, den Zachary Wilsons mit frischem Bariton sang. Rolf Fath