Gut gemeint

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L’Arlesiana, Adriana und Gloria sind die drei Geschöpfe, die der  Komponist Francesco Cilea als seinen Beitrag zum Italianismo ansieht, der sich in der schlichten, flüssigen und eleganten Melodie manifestiert und dem die italienische Sopranistin Lenny Lorenzani nicht nur in den drei genannten Opern, sondern auch in den Canzoni und geistlichen Stücken, die der Komponist hinterlassen hat, nachspürt. Bei Komponieren der späteren Werk könnte er, der auch Lehrer war, an seine Schülerinnen Ebe Stignani und Maria Caniglia gedacht haben, die zu vergleichen mit der Interpretin auf der CD recht vermessen wäre.

Es handelt sich um eine Romanze des erst 17jährigen, der damals noch seinem Vorbild Bellini verpflichtet war, um eine seiner Tante gewidmete Serenata sowie die Arie Alba novella, der Arie des Federico aus der letzten Version der Arlesiana, bei der die Harmonik stark an Debussy oder Ravel erinnert. Ein Wiegenlied wurde in ein Liederbuch der Faschisten aufgenommen, in Opernbereiche geht es  bei der abschließenden Fuge über das Thema der Umile ancella aus Adriana Lecouvreur

Über die Solistin ist im Internet wenig zu erfahren, und auch das Booklet gibt sich verschwiegen, erwähnt nur das Studium und die Beschäftigung mit den ganz großen Opernkomponisten ohne Zeit und Ort, und stutzig macht, dass die wichtigste Mitteilung die über eine Lehrtätigkeit der Sängerin ist, von der ansonsten nur eine Berta aus dem Barbiere in Florenz die Rede ist. Bebildert ist das Booklet mit wohl Portraits der Sängerin im Kostüm einer Operndiva des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, während im Hintergrund ein distinguierter Herr, wohl der Pianist, als vielleicht sogar der Komponist in Frack und mit Zylinder ist.

In der Romanza wird mit den ersten Tönen offenbar, warum man bisher nichts von der Existenz einer Sängerin namens Lenny Lorenzani wusste: Der Sopran klingt scharf und schnarrend, worüber das Bemühen um eine einfühlsame Interpretation nicht hinweghören lässt. Im Il mio canto werden die Höhen sehr vorsichtig angesetzt, das Vibrato erscheint als ein übermäßiges, und die Textverständlichkeit ist nur eine recht mäßige. Scharf und zittrig ergeht sich die Stimme in Alba novella, sanft und schmeichelnd versucht das Piano etwas gut zu machen, was die Stimme versäumt. Vor allem in der Mittellage bewegt sich das Ninna nanna und kann somit etwas mit der stimmlichen Gesamtleistung versöhnen, während Maria mare geschliffen scharf klingt, die Stimme corpo vermissen lässt. Gravierende Höhenprobleme werden besonders im Ave Maria da Tilda offenbar, und in der Bionda larva kann nur die reizvolle Klavierbegleitung Defizite ausgleichen.  Der Pianist versucht zu retten, was zu retten ist, und verschafft der CD mit Au village und Pensiero spagnolo einigen Glanz, aber für das Liedgut Cileas kann diese CD den Hörer nicht gewinnen (Brillant classics 96734). Ingrid Wanja