Hörenswerte CD, fragwürdiges Booklet

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Nach an Komponisten, nämlich Händel und Verdi, orientierten CDs  und einer mit dem Titel Rebirth thematisch festgelegten Aufnahme widmet sich die bulgarische Sängerin Sonya Yoncheva nun The Courtesan, den auf höherem Niveau käuflichen Damen, von denen sie meint, diese würden sich in dem Moment dem Tod weihen, in dem sich zur wahren Liebe bekennen. Daran ist vieles wahr, so wenn man an Thais denkt, die ohne das Bekenntnis zum Christentum weiterhin ein feines Leben hätte führen können, trifft auch noch auf  Giordanos Stephana aus Siberia zu, aber dann wird es schon mühsam, denn Mimi, die Puccinis wie Leoncavallos, wäre auch ohne die Hinwendung zur wahren Liebe gestorben, ebenso Violetta, Mascagnis Iris wollte nie Kurtisane werden, Massenets wie Puccinis Manon wird nicht die wahre Liebe, sondern ihre Gier nach Reichtum zum Verhängnis, Madama Butterfly ist Ehefrau und wird auch vom Fürsten Yamadori als zukünftige solche zukünftige umworben, eine Geisha keine Kurtisane, und Dalila kommt nicht in die Versuchung, sich der wahren Liebe zum Opfer zu bringen. Wozu also der Versuch, alle diese so unterschiedlichen Damen unter ein Motto zu zwingen, obskure Behauptungen wie „Sinnlichkeit ist die weiblichste aller Sprachen“ aufzustellen und sich mit einem Spruch wie dem, sie widme die CD allen Frauen, „die sich nicht immer ausdrücken dürfen“ ins Vage zu flüchten. Eine Petya Iwanowa setzt dem Booklet-Text noch die Krone auf mit der Behauptung, „all dies könnte heute nicht aktueller sein“, verfolgt den mehr oder weniger ehrenhaften Beruf zurück bis zu Aspasia und liefert so ein besonders peinliches Beispiel für den Versuch einer intellektuellen Untermauerung, wo diese so überflüssig wie anfechtbar ist.

Zum Glück ist die CD um Klassen besser als das Booklet. Sie beginnt mit dem Duett Thais-Nicias, in dem der Sopran glasklar und so keusch klingt, als habe die Bekehrung bereits stattgefunden, das Vibrato ist vorbildlich, und in der großen Arie kann man die elegante Gesangslinie bewundern, verbindet die Sängerin Klarheit mit Eindringlichkeit. Massenets Manon überzeugt ebenfalls durch die elegante Stimmführung, durch die Wehmut, die über allem zu schweben scheint. Fleischiger, substanzreicher und damit angemessen erscheint der Sopran für Puccinis Manon Lescaut, die aber durchaus noch mädchenhaft für die „trine morbide“ ist, bereits mit einem Hauch von tristezza versehen, die in „Sola perduta“ zur Verzweiflung wird, so dass „non voglio morir“ dem Hörer zu Herzen geht.  Auch Mimi ist zweimal vertreten, obwohl bei Puccini wie Leoncavallo eher Musetta eine Kurtisane ist. Schlank und kokett darf sich die Letztere geben, da sie Musetta beschreibt, was Puccini betrifft, wagt es die Rezensentin selbst auf die Gefahr hin, als “Vokal-Rassistin“ zu gelten, zu behaupten, dass der bulgarische Sopran im Vergleich zur beispielhaften Mimi von Mirella Freni doch recht kühl klingt. Für Butterfly hat die Yoncheva die notwendige präsente Mittellage, lässt viele schöne Details vernehmen, ohne die große Linie zu vernachlässigen, dazu kommt als weiteres Plus der zugleich kindliche wie wissende Ausdruck. Schön ausgestellt werden nach einleitendem Sprechgesang kann der Sopran in Siberia, das Verletzbare der Iris wird trotz urgesunder Stimme  in Mascagnis gleichnamiger Oper nachvollziehbar, zu weit dem tenore lirico entwachsen ist die Stimme von Charles Castronovo für Verdis Alfredo, und Dalila klingt zwar mezzotief, aber nicht mezzodunkelverführerisch. Marco Armiliato dirigiert das Orchester des Carlo Felice Genova und könnte kein besserer Begleiter sein.   Das Label zeigt eine Signatur außer syn (Eigenproduktion?), wobei Frau Yoncheva eigentlich bei der Sony unter Vertrag ist. Ingrid Wanja