Robuste Emotionen

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Eine beachtliche Karriere hat der armenische Bariton Gevorg Hakobyan bereits gemacht, der im kommenden Sommer auch in der Arena di Verona zu erleben sein wird, nachdem er bereits an vielen bedeutenden Bühnen mit Erfolg gesungen hat. Mit Ettore Bastianini und mit Silvano Carroli soll man ihn verglichen haben, welchem Urteil man zumindest, was den Jüngeren der beiden betrifft, zustimmen kann, entspricht doch trotz eines süffisanten Lächelns, das er auf dem Cover seiner CD bei Delos mit dem Titel Arias of Love & Sorrow zeigt, die Optik, aber auch die Stimmfarbe eher dem typischen „Brunnenvergifter“ á la Barnabà als dem edel-tragischen Helden.

Es beginnt mit dem Credo des Jago, das man allerdings weder der Liebe noch der Sorge zuordnen kann, zu dem aber die etwas dumpfige, dunkel grollende Stimme sehr gut passt, die Gemütsbewegungen weniger durch ein chiaro-scuro als durch einen Wechsel der Lautstärke hörbar werden lässt. Besonderen Nachdruck will der Sänger durch ein energisches Hervorstoßen der Töne erzielen, in der Höhe wird die Stimme etwas flacher, das grässliche Gelächter, das viele Baritone der Arie folgen lassen, unterlässt Hakobyan dankenswerterweise.

Hört man Nemico della patria, das dem Credo folgt, kann man wahrnehmen, dass die Stimme von Natur aus gar nicht so böse klingt, für den Jago wohl künstlich abgedunkelt wurde und nun einen echten Heldenbariton vernehmen lässt. Bärbeißiger zeigt sich dann wieder der Michele aus Il Tabarro, der seine Arie mit einem sieghaften Spitzenton krönen kann.  Legato und Phrasierung stimmen im Gebet Nabuccos, eine farbige mezza voce wird für den Renato eingesetzt, der für die besungenen dolcezze auch einiges davon im Timbre aufweist. Soweit das italienische Repertoire.

In die italienischen Arien eingestreut sind solche aus russischen und armenischen Opern. Bekannt ist Tschaikowskis Pique Dame, aus dem der Bariton die Erzählung des Tomsky vorträgt, sehr empfindsam nimmt er sich der Klage des Fürsten Igor aus Borodins gleichnamiger Oper an, zugleich ein beachtliches Material ausstellend wie sich mit Erfolg um ein differenzierendes Portrait des unglücklichen Fürsten bemühend. Das wilde Aufbegehren des Gryaznoy aus Rimski-Korsakows Zarenbraut wird eindrucksvoll vermittelt. Aus Rachmaninoffs Aleko wird dessen Arie schließlich  schön differenzierend zwischen Wut und zärtlicher Erinnerung dargeboten.

Im Westen nicht bekannt sind die armenischen Opern, derer sich Hakobyan verständlicherweise annimmt. 1945 wurde Levon Khodja-Eynatyans Oper Arshak II in Jerewan uraufgeführt, die  Arie des Titelhelden klingt recht basslastig, aber auch die sichere Höhe der Stimme kann ihre Wirkung entfalten. Mit zwei Werken ist der Armenier Armen Tigranian vertreten, und sowohl in der Arie des Mosi aus Anoush wie in der des David Bek aus der gleichnamigen Oper kann der armenische Sänger noch einmal alle Vorzüge seiner Stimme ausstellen. Begleitet wird er von John Fisher und Constantine Orbelian, die das Kaunas City Symphnony Orchestra leiten (Delos 3577). Ingrid Wanja