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An Aufnahmen von Henry Purcells Opera Dido & Aeneas besteht kein Mangel auf dem Musikmarkt, doch die Neueinspielung bei APARTÉ erweckt Interesse wegen der Kombination von Purcells Oper mit einer Rarität, seiner Incidental Music to a Piece by Charles Davenant Circe. Die CD, entstanden im September 2021 im schweizerischen Chene-Bougeries, ist das Plattendebüt des Dirigenten Jonas Descotte mit seinem jungen Ensemble Les Argonautes (AP296). Beide versuchen einen Weg zwischen historischer Aufführungspraxis und moderner Interpretation, was ihnen bemerkenswert gelingt. Vom mit nur acht Musikern besetzten Ensemble hört man ein bestechendes Klangbild von größtmöglicher Transparenz, welches die Dramatik des Werkes deutlich wiedergibt. In einzelnen Nummern, wie dem Triumphing Dance am Ende des 1. oder dem Prelude for the Witches zu Beginn des 2. Aktes, malen der Dirigent und sein Orchester mit kräftigem Farbpinsel, im Ritornelle 2. Aktes werden delikateste Töne angestimmt, beim Sailors’ Dance erklingen stampfende Rhythmen.
In der Solistenriege finden sich keine in unseren Breiten bekannten Namen, wohl aber einige Interpreten von beachtlichem Format. Dido ist Camille Allérat, die im Auftritt („Ah! Belinda“) mit ihrem hellen, wiewohl strengen Mezzo eine somnambule Wirkung erzielt. Die große Schlussszene, „Thy hand Belinda/When I am laid in earth“, ist gleichfalls von introvertiertem Umriss, verzichtet gänzlich auf Pathos und grandeur.
Die männliche Titelrolle nimmt Renato Dolcini wahr, der in Circe auch den Second Priest gibt. Sein hoher Bariton ist von edlem Klang, vermag aber auch couragiert aufzutrumpfen. Belinda ist die Sopranistin Julie Roset, die ihre Eingangsarie „Shake the cloud“ beherzt angeht, aber nicht unbedingt eine noble Stimme hören lässt. Feiner klingt sie im Solo des 2. Aktes „Thanks to these lonesome vales“. Anthea Pichanick gibt der Sorceress faszinierenden Umriss mit lautmalerischem Geheul. Der Counter Léo Fernique singt engagiert den Spirit, ebenso der Tenor Pierre Arpin den Sailor mit seinem munteren Song „Come away“.
Circe beginnt mit einem Auftritt der drei Priester (Augustin Laudet, Renato Dolcini, Anthea Pichanick), die gemeinsam mit dem Chorus den Hauptteil des Werkes bestreiten. Am Ende gesellen sich noch die First and Second Woman (Ana Vieira Leite/Augustin Laudet) dazu. Die Musik ist von feierlichem, erhabenem Charakter und wird von den Sängern angemessen würdig wiedergegeben. Les Argonautes bringen sich bei den Magicians Dances mit vitalem Spiel ein. Bernd Hoppe