Über-Ätherisch

 

Das Berliner Publikum durfte sie zwei Jahre lang an der Deutschen Oper erleben, ehe Hila Fahima, eine Israelin, deren Eltern jemenitische, marokkanische und portugiesische Wurzeln haben, nach Wien ging, wo sie jetzt ihre erste CD mit dem ORF Vienna Radio Symphony Orchestra unter Michele Camba eingespielt hat. Es handelt sich um allseits bekannte, aber auch um sonst kaum gespielte Werke von Donizetti und Verdi, von letzterem neben der Gilda die Amalia aus I Masnadieri.

Es beginnt mit der aus Chamonix stammenden Linda, die die Sängerin als zerbrechliches, wahnsinnsgefährdetes Wesen mit gläsern klingenden Tönen darstellt, die Stimme erweckt den Eindruck von Schwerelosigkeit, die reichen Verzierungen zeichnen sich durch viel Phantasie aus, es scheint sich eine überzarte Lucia anzukündigen. Die einzige französische Arie ist die der Marie aus Le Fille du régiment, für die sich die Sängerin ebenfalls für das Überzarte entschlossen hat, die Stimme wie ein Silberglöckchen klingen lässt, was zunächst einmal reizvoll ist, aber den Hörer doch schnell ermüden lässt, auch da die Figur etwas mehr Entschlossenheit vertragen könnte. Auch die Adina profitiert zwar von den virtuosen Koloraturen, ist selbst für „Prendi, per me sei libero“ vor allem um Zartheit bemüht und plätschert so dahin, wenn man doch etwas mehr Wärme und Engagiertheit erwarten dürfte. Bei der Emilia di Liverpool ist von unterschiedlichen Seelenzuständen wenig zu vernehmen, dafür viel Verhuschtes, das man nicht mit Ätherischem verwechseln sollte. Etwas entschiedener gibt sich die Norina aus Don Pasquale, zudem auch sie technisch perfekt, aber insgesamt noch zu unverbindlich. Die letzte Donizetti-Arie ist die Wahnsinnsarie der Lucia, in der das Orchester quasi zu mehr Entschlossenheit aufzufordern scheint. Der Sopran klingt schön und sanft, die Spitzentöne sind sicher, die Mittellage wenig ausgeprägt (il fantasma), insgesamt fehlt dem Track die notwendige innere Spannung.

Feine Triller zeichnen Gildas „Caro nome“ aus, die Seligkeit der frisch Verliebten ist hörbar, man wünscht sich aber doch hörbarere Unterschiede zu einer Donizettiarie, das ist eine Partie für eine leichtere Stimme, aber es ist halt doch auch eine Verdi-Partie, was noch mehr für die abschließende Arie der Amalia gilt (Orfeo C210201). Ingrid Wanja