(Zu) Hochgelobt?

 

Ist es geschickt, eine Debüt-CD mit einem Booklet zu befrachten, dass einerseits bei einer so jungen Karriere wie der von Hera Hyesang Park bereits von einer Stimm- wie einer Lebenskrise berichtet und andererseits den Anspruch erhebt, mit eben diesem Erstlingswerk den Menschen in schwerer Zeit Zuspruch zu erteilen mit einem: „Ich bin für euch da, verliert nicht die Hoffnung“? Hätte es nicht gereicht zu schreiben: „Ich singe jetzt Arien aus Partien, die ich zu beherrschen glaube, und ich hoffe, dass ich euch damit Freude bereiten kann“.  Sogar „Ermutigung an eine Welt im Aufruhr senden“, möchte sie stattdessen mit ihrer CD,, und so  klaffen ein Versprechen, das auch große Stars kaum erfüllen könnten, und tatsächlich Geleistetes doch zu extrem auseinander, und man muss sich bemühen, von der Sängerin selbst gestellte Ansprüche nicht als Messlatte an die sehr anständige, aber nicht überwältigende Leistung anzulegen.

I am Hera  beginnt mit der Arie der Gluck-Eurydike, die wie die gesamte CD von Bertrand de Billy und den Wiener Symphonikern so einfühlsam wie souverän begleitet wird, und in der die Koreanerin einen lieblichen, weichen Sopran hören lässt, der einem Amore noch besser angestanden hätte, während die unglückliche Gattin akzentuierter hätte gesungen werden können. Als Pergolesis Serpina trifft sie das Neckische sehr gut, wäre etwas mehr Biss denkbar und führt das Intervall in die Tiefe ins Fahle. Eine feine Melancholie zeichnet Hänels Cleopatra aus, die Stimme wird sehr schön instrumental geführt. Über diesen Track kann man sich uneingeschränkt freuen. Mozarts Susanna kennt man auch beherzter, das Rezitativ klingt recht soubrettig, was die resche Kammerzofe nicht ist, der Arie hätte man mehr Erotik gewünscht, so wie auch Rossinis Rosina zu tändelnd klingt, zu behänd durch ihre Arie huscht und nicht einmal aus dem „ma“ wirklich etwas macht. So sehr man sich hier wie anderswo über die Intonationsreinheit des Gesangs freut, so schmerzlich vermisst man das Setzen von mehr Akzenten.

Einen feinen Kontrast zur rabiaten Elettra könnte Parks Ilia mit sensiblem, zartem Singen, mit schönen Bögen und dem Wissen um die Behandlung eines Mozartrezitativs darstellen. Mit kristallinem Sopran tröstet Zerlina ihren Masetto, den Schelm im Nacken des Bauernmädchens hört man leider nicht, eher eine leichte, aber nicht unangenehme Schärfe in der Höhe. Ist es Deutsch, was die Koreanerin als Pamina singt? Die ist nur im Orchester zu hören, in der Stimme vermisst man Wärme und Rundung.  Da springt Rossinis Fiorilla schon eher aus den CD-Rillen, und in gläserner Durchsichtigkeit und schönem canto elegiaco lässt sich die lebensfrohe Giulietta vernehmen, während Musetta zu keusch, zu wenig mit erotischer Raffinesse bedacht in ihrem Walzer zu vernehmen ist. So wie im Booklet beschrieben, wo allerdings fälschlicherweise als „Bravourstück des Belcanto“ apostrophiert, klingt Lauretta, der man hier nicht anhört, dass sie zwar echt Liebende, aber auch ein durchtriebenes kleines Biest ist. Den Schluss bilden zwei zeitgenössische, sehr westlich beeinflusste koreanische Kompositionen und lassen den Hörer im Nachdenken darüber zurück, wie man es anstellt, dem Rat der Sängerin zu folgen, „mit einem Fuß auf dem Boden zu bleiben“, und „dann kannst du fliegen“ (DG 486 0051). Ingrid Wanja